Wenn ein Grippeinfekt im Verzug ist, greifen die meisten von uns zu Medikamenten, die das Fieber senken und andere Symptome der Erkrankung lindern. Das bringt individuell Erleichterung, epidemiologisch betrachtet dürfte diese Form der Therapie allerdings eher negative Auswirkungen haben. Kanadische Mathematiker um David Earn von der McMaster University in Hamilton haben errechnet, dass die Medikamente indirekt zu rund fünf Prozent mehr Infektionen und tausenden Toten führen dürften.

Für ihre in den "Proceedings of the Royal Society B" veröffentlichten Analysen berücksichtigten die Forscher Daten vergangener Influenza-Epidemien sowie Ergebnisse medizinischer Studien zur Grippe. Grundsätzlich gingen sie davon aus, dass die in vielen Grippe-Medikamenten enthaltenen fiebersenkenden Stoffe indirekt auch unerwünschte Folgen haben: Zum einen wird die natürliche Funktion des Fiebers vermindert, das Wachstum von Bakterien und Viren zu hemmen und das Immunsystem effektiver arbeiten zu lassen. Zum anderen dämpfen Erkrankte ihre Symptome und kehren in der Folge früher an ihren Arbeitsplatz oder in die Schule zurück.

Beide Faktoren steigern die Wahrscheinlichkeit, dass die Grippekranken aktive Viren an andere weitergeben und die Epidemie so verstärken. Die Opferzahlen seien zwar noch sehr ungenau, geben die Forscher zu bedenken, sie seien aber möglicherweise sogar nur Mindestwerte. Um die tatsächlichen Auswirkungen fiebersenkender Mittel herauszufinden, bedürfe es weiterer epidemiologischer Studien. (tasch, dpa; DER STANDARD, 22.1.2014)