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Backcheck: Auffälligkeiten, Anekdoten und Analysen aus der EBEL. Jeden Dienstag.

Die Gruppe der nach der ersten Phase des Grunddurchgangs auf den Rängen sieben bis zwölf der Erste Bank Eishockey Liga klassierten Team muss zittern, darf jedoch noch hoffen. Seit vergangenen Freitag bespielt sich das Sextett in einer einfachen Hin- und Rückrunde, konkurriert wird dabei um die beiden letzten noch zu vergebenden Plätze in den Play-Offs. Der "Backcheck" nimmt die Stärken und Schwächen der Hoffenden unter die Lupe.

Erste Tore sind wichtiger als andere

Der sich bereits im bisherigen Saisonverlauf abzeichnende Trend der steigenden Bedeutung früher Führungstreffer bestätigte sich am ersten Doppelspieltag der Qualifikationsrunde eindrucksvoll: Sämtliche sechs Begegnungen konnte jenes Team für sich entscheiden, dem der Treffer zum 1:0 gelang. Insgesamt setzte sich in satten 67,8 Prozent der (276) Partien der laufenden Spielzeit jene Mannschaft durch, die als erste anschreiben konnte. Statistisch betrachtet ist hinsichtlich der Erfolgschancen in einem Spiel eine 1:0-Führung damit wichtiger als ein Mehr an Torschüssen oder auch der Heimvorteil: 64,7 Prozent der Duelle in der EBEL gewinnt jenes Team, das öfter aufs Tor schießt als der Gegner, in 57,2 Prozent hat der Gastgeber das bessere Ende für sich. Speziell der niedrige, im vierten Jahr in Folge sinkende Anteil an Heimsiegen spricht auch für die Ausgeglichenheit der Liga.

Heimkehrer und Imports eröffnen die Chance

Nur ein Team, Székesfehérvár, startete mit zwei Siegen in die untere Gruppe der Zwischenrunde. Damit haben die Ungarn das Manko, lediglich einen Bonuspunkt aus der ersten Phase des Grunddurchgangs mitgenommen zu haben, bereits kompensiert und präsentieren sich als ernsthafter Anwärter auf einen Platz im Viertelfinale. Wesentlichen Anteil am Aufschwung hat der Anfang Dezember aus Finnland zurückgekehrte Goalie Zoltán Hetényi: Fehérvár punktete in mehr als zwei Drittel jener Spiele, in denen er im Tor stand. Speziell in Saisonduellen mit den jetzigen Gegnern in der Qualifikationsrunde weist der 25jährige eine eindrucksvolle Bilanz (6 Siege, 2 Niederlagen, Gegentorschnitt 1,94) auf.

Zweite tragende Säule im Spiel der Mannschaft von Trainer Marty Raymond sind die Importspieler, bei deren Verpflichtung Ungarns Serienmeister einmal mehr ein gutes Händchen am Transfermarkt bewies. Jene fünf Legionäre, die dem Team bereits seit dem Saisonbeginn angehören, liegen in der klubinternen Scorerwertung allesamt auf den vordersten sechs Plätzen. Der im November unter Vertrag genommene Andy Sertich kompensiert das der Mannschaft seit Jahren anhängende Fehlen von Feuerkraft an der blauen Linie. Die durch die Verletzung von Drittliniencenter Ladislav Sikorčin in Gefahr geratene Balance der hinteren Reihen soll der vor zehn Tagen verpflichtete Bryan McGregor sicherstellen.

Graz im freien Fall

Bereits mächtig unter Druck stehen nach zwei Niederlagen in ebenso vielen Zwischenrundenspielen die Graz 99ers. Der Klub, der in seiner 13jährigen EBEL-Geschichte noch nie eine Play-Off-Runde überstanden hat, läuft Gefahr, das Viertelfinale heuer erst gar nicht zu erreichen. Unter Trainer Petri Matikainen, der das Team Ende Oktober übernahm, fuhr man bei bisher 31 Auftritten nur zwölf doppelte Punktgewinne ein.

Dem Finnen gelang es nicht, das bescheidene offensive Output der Mannschaft zu steigern, aktuell 2,48 Treffer pro Spiel entsprechen im 14. Jahr der Ligazugehörigkeit dem zweitschwächsten Wert. Zu einem Gutteil liegt das am katastrophalen Überzahlspiel, die 99ers brauchen 16:38 Minuten bei numerischer Überlegenheit, um zum Torerfolg zu gelangen - deutlich länger als jedes andere EBEL-Team. Nach 46 Saisonspielen stehen lediglich 15 Treffer im Powerplay zu Buche, gegenüber dem gleichen Zeitpunkt im Verlauf der letzten Spielzeit fehlen 21 Überzahltore. Auch um die moralische Verfasstheit der Mannschaft scheint es schlecht bestellt: Graz konnte bei keinem seiner jüngsten zehn Auftritte das dritte Drittel für sich entscheiden, drei unentschiedenen Schlussabschnitten stehen in diesem Zeitraum sieben verlorene gegenüber, ein Torverhältnis von 4:17 spricht Bände.

Formstarke Vorarlberger

Durchaus berechtigte Hoffnungen auf die Play-Off-Qualifikation darf sich in seiner zweiten EBEL-Saison der Dornbirner EC machen. Die Vorarlberger zeigen sich im Vergleich zu ihrer Premierensaison in nahezu allen Aspekten des Spiels verbessert (Anm.: pro Spiel im Schnitt um 13,7 Prozent mehr Treffer und um 17,0 Prozent weniger Gegentore). Als Schlüsselerlebnis kann der Auswärtssieg in Klagenfurt Anfang Dezember betrachtet werden, seither punktete man bei 13 von 18 Auftritten.

Kernkompetenz der Bulldogs ist das Powerplay, das nach durchschnittlich 6:55 Minuten mit einem Treffer endet, was Dornbirn zur effektivsten Überzahlmannschaft der Liga macht. Begünstigt wird die aktuell starke Form auch durch den Umstand, dass Torhüter Adam Dennis seine Leistungsfluktuationen eindämmen konnte: Im neuen Kalenderjahr gewann der Goalie sechs seiner sieben Spiele und überzeugte bei mehr als 94 Prozent gehaltener Schüsse mit einem Gegentorschnitt von nur 1,84.

Insgesamt hat Trainer Dave MacQueen heuer eine deutlich besser ausbalancierte Mannschaft als im Vorjahr zusammengestellt, die über ungleich mehr Tiefe verfügt. Für letztere zeichnen speziell die im Sommer geholten österreichischen Cracks verantwortlich: Martin Grabher-Meier (13 Tore, 17 Vorlagen) spielt die nach Scorerpunkten beste Saison seiner Karriere, das Powerplay profitiert von Martin Oraze (56 Prozent seiner Punkte in Überzahl) und Robert Lembacher (bester Plus/Minus-Spieler im Team) überzeugt defensiv.

Anflug von Nervosität beim Meister

Der große Favorit in der Qualifikationsrunde kommt aus Klagenfurt. Nach einem durchwachsenen Grunddurchgang landete der Meister nur auf Rang sieben und muss daher am Weg zur angestrebten Titelverteidigung den unangenehmen Umweg über die untere Gruppe der Zwischenrunde nehmen. Zahlreiche Verletzungen brachten die Rotjacken schon früh in der Spielzeit aus dem Rhythmus, im Gegensatz zu den beiden letzten Saisonen behielt die Vereinsführung jedoch die Nerven und beließ Trainer Christer Olsson im Amt.

In Vollbesetzung punktet der KAC mittlerweile wieder kontinuierlich, die erlangte Stabilität ist jedoch fragiler Natur: Seit der Länderspielpause im November gelangen in 25 Begegnungen noch nie zwei Siege nach regulärer Spielzeit hintereinander. Angesichts von nur 2,76 Treffern pro Spiel - niedrigster Wert seit der Liganeugründung im Jahr 2000! - ist Klagenfurts Hauptproblem ganz klar in der Offensive zu verorten. Auch im Überzahlspiel bleibt der Rekordmeister weitestgehend harmlos und braucht 10:46 Minuten bis zum Torerfolg, nur Graz und Ljubljana sind im Powerplay ineffizienter.

Trotz großer Optimierungspotenziale im Spiel des KAC ist davon auszugehen, dass sich das Team für das Viertelfinale qualifizieren wird, zu deutlich ist es sportlich über alle Gegner in der Qualifikationsrunde zu stellen. Doch auf Mannschaft und Trainerstab lastet gehöriger Druck, wie auch die Schlussphase der Partie in Innsbruck am Sonntag zeigte: 17 Sekunden vor dem Ende, bei einem Tor Rückstand und Scheibenaufwurf in der Angriffszone, schickte Christer Olsson ausgerechnet Tyler Spurgeon zum Faceoff der letzten Chance. Der hatte zuvor 65 Prozent der Bullys im Spiel und 71 Prozent jener in der Zwischenrunde verloren, war deutlich erfolglosester Klagenfurter am Faceoff-Punkt. Ein Fauxpas als Beleg Klagenfurter Nervosität. (Hannes Biedermann; derStandard.at; 21.1.2014)