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Susumu Inamine, Bürgermeister von Nago, feiert seine Wiederwahl.

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Mit aller Macht will Inamine verhindern, dass die US-Militärbasis von Futenma nach ...

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... Nago verlegt wird.

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Auf den ersten Blick wirkt es wie eine vernachlässigbare Lokalnachricht: In der überschaubaren Stadt Nago (rund 63.000 Einwohner) auf der japanischen Insel Okinawa wird Bürgermeister Susumu Inamine in seinem Amt bestätigt. Genauer betrachtet bedeutet die Wiederwahl am Montag aber nicht nur einen herben Dämpfer für die konservative Regierung Japans, sondern auch Auswirkungen auf das eigentlich innige Verhältnis zu den USA. Gleichzeitig kann dies als Triumph für die zahlreichen Bewohner Okinawas gewertet werden, denen die enorme Militärpräsenz der USA ein Dorn im Auge ist.

Mehr als die Hälfte der rund 50.000 in Japan stationierten US-Soldaten befindet sich auf Okinawa, einer Insel in der südlichsten Präfektur Japans und pikanterweise der Schauplatz der einzigen Landschlacht auf japanischem Boden zwischen den Alliierten und dem Japanischen Kaiserreich im Zweiten Weltkrieg. Seitdem dient Okinawa den USA als strategisch wichtiger Stützpunkt im Ostchinesischen Meer, vor allem aufgrund der geografischen Nähe zu China, Taiwan und Nordkorea. Wegen der enormen Truppenpräsenz gilt Okinawa auch als unversenkbarer Flugzeugträger der USA.

Zwölfjährige von US-Soldaten vergewaltigt

Im Laufe der Zeit formierte sich unter den Einwohnern aber Widerstand, die USA wurden mehr und mehr als Besatzer denn als Sicherheitsfaktor und Partner betrachtet. Ab 1996 schlug die Ablehnung in offenen Hass um, als bekannt wurde, dass drei auf Okinawa stationierte US-Soldaten ein zwölfjähriges japanisches Mädchen entführten und vergewaltigten. Neben diesen Gewaltverbrechen - das war kein Einzelfall - warf die Bevölkerung den USA einen Anstieg der Kriminalität, Umweltverschmutzung in großem Ausmaß und Lärmbelästigung durch den Flugverkehr vor.

Besonders betroffen davon ist die dichtbesiedelte Stadt Ginowan (rund 95.000 Einwohner) im Süden der Insel. Dort befindet sich nämlich die US-Militärbasis Futenma, auf der 4.000 Soldaten mit ihren Flugzeugen und Hubschraubern stationiert sind. Bereits seit 1996 arbeiten Japan und die USA an der Verlegung des Stützpunktes in den weniger besiedelten Norden. Doch das geht den Bewohnern und der örtlichen Politik in Okinawa nicht weit genug. Sie fordern, dass die US-Soldaten gänzlich von ihrer Insel verschwinden. Dementsprechend groß ist der Widerstand auch gegen die Verlegung des Stützpunktes, der - wie Kritiker befürchten - den Status der Stationierung der US-Soldaten wieder festigen könnte. Dies führte dazu, dass die Verlegung bis dato nicht stattfand.

Der US-Militärstützpunkt Futenma (A) ist mit dem Auto etwa eine Stunde von Nago (B) entfernt:


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Ende Dezember des vergangenen Jahres schien es in Sachen Verlegung zu einem Durchbruch gekommen zu sein. Der Gouverneur von Okinawa, Hirokazu Nakaima, sprach sich für die Verlegung des US-Stützpunktes aus. Nakaima wurde 2010 vor allem deshalb wiedergewählt, weil er versprach, dass die US-Basis Futenma aus Okinawa wegverlegt wird. Sein überraschender Schwenk erfolgte, nachdem Japans Ministerpräsident Shinzo Abe zusicherte, Okinawa bis 2021 jährlich zwei Milliarden Euro mehr Wirtschaftshilfe zu überweisen. Auch versprach Abe, dass die USA ihren Stützpunkt Futenma binnen fünf Jahren räumen würden.

Dass Abe soviel Geld für dieses Projekt aufwendet, hat mehrere Gründe. Im schwelenden Gebietsstreit mit China will Japan nicht seinen größten Verbündeten USA verprellen, der seit Jahren auf eine Verlegung des Stützpunktes drängt. Und auch das durch den neuen Herrscher Kim Jong-un noch unberechenbarer gewordene Nordkorea bleibt eine akute Gefahr, weshalb der strategische Wert Okinawas weiter steigt.

Abes neues Problem

Das Letzte, was Abe daher brauchte, war der Wahlsieg eines Verlegungs-Gegners, wie Susumu Inamine es ist. Der Bürgermeister von Nago gewann am Montag die Wahl klar vor dem konservativen Herausforderer Bunshin Suematsu von Abes Partei LDP. Neben den im Dezember versprochenen Finanzspritzen wurde Suematsu auch im Wahlkampf tatkräftig von Abe unterstützt, um den Verlegungs-Gegner Inamine abzuwählen. Der Plan ging allerdings gründlich schief. Inamine punktete im Wahlkampf vor allem dadurch, dass er sich vehement gegen einen US-Stützpunkt in Nago aussprach. Und auch direkt nach dem Wahlsieg versprach er: "Um die Zukunft unserer Kinder zu schützen, werde ich den Bau einer neuen Basis in Nago nicht erlauben."

Die Regierung in Tokio beteuerte zwar, dass das Projekt trotz Inamines Wahlsieg fortgeführt werde. Auch wies sie darauf hin, dass die Machtbefugnis des Bürgermeisters von Nago begrenzt sei. Doch müssen für eine Verlegung des US-Stützpunktes Häfen und Straßen verwendet werden, und dafür braucht es die Erlaubnis des Bürgermeisters.

Wenn es Abe aber darauf anlegen will, so Experten, könne er das Projekt auch ohne die Unterstützung des Bürgermeisters realisieren. Dann aber bestünde die Gefahr einer großen Protestwelle. Dass Abe das Projekt auf Eis legen wird, gilt aber angesichts der sicherheitsstrategischen Bedeutung auch als ausgeschlossen. Und so wird der Konflikt um den US-Militärstützpunkt auch nach 18 Jahren kein Ende finden. (Kim Son Hoang, derStandard.at, 20.1.2014)