Kein Tag, an dem er nicht für Furore sorgt. Wenige Wochen nach seiner Wahl zum Parteichef der Sozialdemokraten mischt der Florentiner Bürgermeister Matteo Renzi Italiens erstarrte Parteienlandschaft auf. Dass ihm Berührungsängste fremd sind, bewies er am Wochenende bei seinem Treffen mit Silvio Berlusconi.

Renzis unorthodoxer Stil steht in krassem Gegensatz zu den ermüdenden Ritualen italienischer Politik, die sich seit Jahrzehnten im selben trüben Fahrwasser bewegt. Die Talkshows reißen sich um den schlagfertigen und mediengewandten 39-Jährigen, der die Quoten in die Höhe treibt. Wie lange Renzi sein Tempo und seinen übersteigerten Aktivismus durchhalten kann, bleibt abzuwarten.

Sein eigenes Lager verunsichert der wendige Parteichef mehr als die Opposition. Premier Enrico Letta reagiert genervt auf die tägliche Kritik aus Renzis Munde. Der versichert gleichzeitig, dass ihn das Amt des Regierungschefs nicht interessiere. Um seine Distanz zu den traditionellen römischen Machtspielen zu demonstrieren, übernachtet Renzi nie in Rom und steigt abends allein in den Zug nach Florenz. Dass sich der Vater dreier Söhne in der Rolle des Enfant terrible wohlfühlt, steht außer Zweifel.

Viele seiner innerparteilichen Gegner würden ihm lieber heute als morgen in den Rücken fallen - wüssten sie nicht, dass Renzis Sturz auch das Ende des Partito Democratico bedeuten würde. (Gerhard Mumelter, DER STANDARD, 20.1.2014)