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Berlusconi trifft bei der Demokratischen Partei ein.

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Deren Chef Matteo Renzi zog sich durch seine Zusammenarbeit mit Berlusconi viel Kritik zu.

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Ein umstrittenes Treffen zwischen Matteo Renzi und Silvio Berlusconi sorgt in der politischen Szene Italiens für Turbulenzen. Der linke Flügel des Partito Democratico (PD) zeigte sich empört über die gut zweistündige Begegnung am römischen Parteisitz der Sozialdemokraten. 

Renzi habe den vorbestraften und aus dem Senat ausgeschlossenen Expremier "politisch rehabilitiert"  und ihm die Möglichkeiten geboten, sich wieder als Parteiführer zu profilieren. Wegen befürchteter Proteste hatte die Polizei alle umliegenden Straßen abgeriegelt. Dutzende Kamerateams, die sich Stunden vorher in der römischen Via del Nazareno eingefunden hatten, mussten wieder abziehen. 

Vom Treffen gibt es kein einziges Foto. Berlusconi, dessen Limousine mit Eiern beworfen wurde, erreichte Renzis Büro durch einen Hintereingang. Beide Gesprächspartner werteten die Begegnung anschließend als positiv. Man habe sich sowohl auf ein neues Wahlrecht als auch auf eine Parlamentsreform geeinigt, versicherte Renzi: "Ich habe in drei Stunden geschafft, was bisher in drei Jahren nicht gelungen ist."  

Trotz zahlreicher Anläufe waren bisher alle Versuche zu einer Reform des Wahlrechts gescheitert, das vom Verfassungsgericht unlängst als verfassungswidrig erklärt wurde. Das neue Wahlrecht soll nun die Regierbarkeit des Landes gewährleisten und die Erpressungsmöglichkeiten von Kleinparteien eliminieren. 

Renzi kündigte an, dass bereits heute, Montag, der Vorstand des PD über das Reformpaket abstimmen werde. Dort muss der Florentiner Bürgermeister mit dem Widerstand seiner innerparteilichen Gegner rechnen. "Ich habe mich geschämt für das, was heute passiert ist" , klagte der letzthin zurückgetretene Vizeminister Stefano Fassina. 

Proteste gegen das "unorthodoxe Treffen"  kamen freilich nicht nur aus den Reihen des Partito Democratico. Dessen Koalitionspartner Neue rechte Mitte um Vizepremier Angelino Alfano reagierte irritiert auf die Begegnung und drohte mit politischen Folgen, falls ein Wahlrecht gegen ihren Willen beschlossen werde. Alfanos Parteifreund Fabrizio Cicchitto rückte die Vereinbarung in die Nähe des Ribbentrop-Molotow-Pakts zwischen Hitlers Deutschland und Stalins Sowjetunion. 

Premier Enrico Letta, der von Renzi fast täglich wegen der "kargen Leistung"  seiner Regierung angegriffen wird, wollte das Treffen nicht kommentieren. Zufrieden zeigte sich Silvio Berlusconi, der von "großer Übereinstimmung"  sprach. Der Versuch, seine Partei auszugrenzen, sei gescheitert. 

Die beiden ungleichen Gesprächspartner einigten sich auch auf eine Parlamentsreform. Der Senat soll zukünftig in eine Regionenkammer umgewandelt werden, der Vertreter der Regionen und Provinzen und Bürgermeister wichtiger Städte angehören sollen. Renzi wies die Kritik an seinem Treffen mit Berlusconi zurück. Die Vorstellung, Italiens zweitgrößte Partei von den Verhandlungen über ein neues Wahlrecht auszuschließen, sei abwegig. Auch die kleineren Parteien lud er zur Mitarbeit an dem Entwurf ein, der dem Parlament bereits in zehn Tagen vorliegen soll. (Gerhard Mumelter aus Rom /DER STANDARD, 20.1.2014)