Die Geschwindigkeit der Informationsflüsse verändert das Verhalten von Menschen - auch als Konsumenten. Mit einer "Offline-Mentalität" seien heute geschäftliche Erfolge nicht möglich.

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Dietmar Dahmen.

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Früher konnten Unternehmen mit Silodenken noch etwas erreichen. Mit der Haltung, aus seinem Wissen ein Geheimnis zu machen, damit konnten über viele Jahrzehnte ganze Märkte dominiert werden. Heute sind Unternehmen weltweit mit einer ungeahnten Transparenz konfrontiert. Hier zu denken, man könne mit einer "Offline-Mentalität" wirtschaftlich nachhaltig erfolgreich sein, hält Dietmar Dahmen für eindeutig falsch.

Dahmen, er bezeichnet sich selbst als "Creative Consultant", war mehr als zwanzig Jahre in der Werbe- und Kommunikationsbranche tätig. Heute zählen Lehr- und Vortragsarbeit zu seinen Haupttätigkeiten. Was es heute brauche, um erfolgreich zu sein, sei "total connectivity", sagt er, ausgelöst durch neue Technologien, deren Nutzung und dementsprechend verändertes Verhalten der Menschen/Konsumenten.

Transparenz und ihre Folgen

Weltweit, holt Dahmen aus, gebe es mehr Mobiltelefone als Zahnbürsten. 2012 wurden eine Milliarde Smartphones und sechs Milliarden Mobiltelefone weltweit gezählt. Die Zahl der Zahnbürsten betrug laut seiner Rechnung 3,5 Milliarden. Menschen sind permanent online, die Konsumenten bezeichnet Dahmen als Erforscher der Dinge: Sie vergleichen Preise oder lesen Empfehlungen, bevor sie losziehen, um bestimmte Produkte einzukaufen. Informationen zu allem - von Menschen bis Produkte - verbreiten sich in kürzester Zeit. Früher, so sagt er, musste man bewusst online gehen, heute sei das umgekehrt. Innovativ könne allein der sein, der bereits genannte Offline-Mentalität ablege. Die Märkte saugen Innovationen regelrecht auf, aber viele Unternehmen haben Angst davor, mit ihren alten Mustern zu brechen. So bezeichnet Dahmen auch die Bemühungen vieler - vor allem Älterer, darunter auch Führungskräfte -, soziale Medien wie Facebook oder Twitter erlernen oder verstehen zu wollen, als "oberflächliches Kratzen am Symptom".

Unwichtig, sagt er, in fünf Jahren komme "ein anderes Ding". Vielmehr gehe es um die Veränderung des Mindsets. Dahmen: "Haben Sie sich schon mal die Frage gestellt, warum Apple jetzt Musik verkauft und nicht Tower Records? Warum jene, die an der Entwicklung der Floppy Disc beteiligt waren, nichts mit dem USB-Stick oder gar der Cloud zu tun hatten?"

Bodenkontakt verlieren

Heute stellt sich der Markt anders dar, es reiche nicht mehr, "Meister der alten Kurve zu sein", das Altbekannte immer wieder zu optimieren. Die Geschwindigkeit, mit der Innovationen auf den Markt kommen, vergleicht er mit dem Sprint: An einem Punkt sei man mit keinem Fuß am Boden, "sonst würde man ja gehen". Nur wenige Unternehmen sind aber bereit, den Bodenkontakt zu verlieren, mehr zu riskieren." Aber nur wer dazu bereit sei, werde auch als Unternehmen erfolgreich sein, ist Dahmen überzeugt. "Das ist eine psychologische Sache", sagt er, "eine Frage der inneren Haltung."

Sich als Führungskraft und Unternehmen dieser "total connectivity" zu öffnen, hält Dahmen für den einzigen Weg, innovativ und eben auch erfolgreicher zu sein als andere.

"Connected", sagt Dahmen, waren Menschen immer schon. Auch ohne "mobile devices" gab oder gibt es immer einen Menschen im Bekannten- und Freundeskreis, der weiß, wo es zum Beispiel den besten Wein gibt. Dahmen: "Man hat Teile von Wissen immer schon ausgelagert. Und jeder in dieser Gruppe wusste in der Regel in einem bestimmten Bereich mehr als die anderen" - Expertenwissen, quasi. Heute ebenso wie früher sei es wichtig zu wissen: "Je schlauer diese Gruppe ist, umso schlauer ist man auch selbst." (Heidi Aichinger, DER STANDARD, 18./19.1.2014)