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Ein Soldat überwacht die Auszählung der Stimmen in einem Kairoer Wahllokal.

Foto: Reuters/El Ghany

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Die Stimmzettel.

Foto: AP/Nabil

Die Ergebnisse des ägyptischen Verfassungsreferendums vom Dienstag und Mittwoch erinnern an die Werte, mit denen sich Langzeitpräsident Hosni Mubarak jeweils bestätigen ließ. Nach vorläufigen Ergebnissen haben etwa 98 Prozent der Wähler und Wählerinnen ein Ja in die Urne gelegt.

Der Ja-Stimmen-Anteil variiert von Provinz zu Provinz nicht wesentlich. Unterschiede ergeben sich allerdings in der Höhe der Beteiligung. Diese liegt in einigen oberägyptischen Provinzen, wo die Muslimbrüder ihre Hochburgen haben, mit 24 bis 26 Prozent deutlich niedriger als der Landesdurchschnitt.

Hier hat der Boykottaufruf der Anhänger des gestürzten Präsidenten Mohammed Morsi eindeutige Spuren hinterlassen. Die Sicherheitskräfte haben im Laufe der beiden Referendumstage während Protestkundgebungen 444 Muslimbrüder verhaftet. Der Mittwoch ist relativ ruhig verlaufen. Die Demonstrationen forderten keine Toten mehr. Zwei Menschen starben während der Kundgebungen an natürlichen Ursachen.

Desinteresse bei der Jugend

Die Übergangsführung hat ihr erklärtes Ziel erreicht - angesichts der massiven Propagandakampagne staatlicher und privater Medien allerdings nicht in berauschendem Ausmaß. Mit rund 36 Prozent haben sich diese Woche etwas mehr Ägypter und Ägypterinnen zu den Urnen begeben, als die 33 Prozent bei der Abstimmung im Dezember 2012 über die Verfassung der Muslimbrüder. Einzig bei den jungen Menschen war das Interesse relativ gering. Die Wahlkommission will die offiziellen Resultate "in den nächsten Tagen" kundtun, wenn alle Daten überprüft sind.

Mit dem wuchtigen Ja zum revidierten Grundgesetz, das an vielen Orten in der Nacht mit Feuerwerk und Autohupen gefeiert wurde, hat das ägyptische Volk der Entmachtung Morsis und der Muslimbrüder seinen Segen erteilt und dem politischen Fahrplan zugestimmt, den die Armee im vergangenen Juli verkündet hatte.

Mit Spannung wird nun erwartet, wie Armeechef und Verteidigungsminister General Abdelfattah al-Sisi dieses Ergebnis interpretiert. Er hatte nur Tage vor dem Referendum verlauten lassen, wenn ihm das Volk ein Mandat erteile, werde er sich als Präsidentschaftskandidat aufstellen lassen. Der Premier der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Herrscher von Dubai, Mohammed bin Rashid al-Maktoum, hat Sisi in der Zwischenzeit aufgefordert, in der Armee zu bleiben. Diese Äußerung hat großes Gewicht, weil die Emirate Kairo seit dem Sturz Mohammed Morsis massiv finanziell unterstützen.

Die Verfassung hat ohnehin offengelassen, wie die nächsten politischen Aufbauschritte aussehen: ob zuerst ein Präsident oder ein Parlament gewählt wird. Beide Urnengänge haben in den kommenden sechs Monaten zu erfolgen. Vieles deutet darauf hin, dass die ursprünglich vorgesehene Sequenz umgestellt und als Erstes das Staatsoberhaupt gekürt wird.

Viele Ägypter und mit ihnen führende Politiker glauben, dass auf diese Weise das Land schneller zur Ruhe komme. Ohne neues Parlament bleiben aber auch viele Verbesserungen in der neuen Verfassung, etwa in Bezug auf die Grundfreiheiten oder die Rechte der christlichen Minderheit, tote Buchstaben, weil zuerst die entsprechenden Gesetze erlassen werden müssten. (Astrid Frefel, DER STANDARD, 16.1.2013)