Wien - "Mein Gott, das werden wir auch noch überleben." Mit stoischer Ruhe kommentieren die Bewohner den Umbau in der Gumpendorferstrasse 131. Und dies, obwohl die dortige Baustelle den Verhältnissen in Düringers Film "Hinterholz 8" um nichts nachsteht.

Wollen die Anrainer zu ihrer Wohnungstür, müssen sie erst ein Gewirr aus notdürftigen Holzstegen, Schutthaufen und hervorstehenden Eisenstangen überwinden. Strom- und Wasserausfälle sind an der Tagesordnung. Vor drei Wochen wurden alle Toiletten abgerissen. Nun steht den Anrainern ein mobiles Klo im Hof zur Verfügung. Pech, dass dieses letztes Wochenende voll war. Und das Ersatzklo auf einer anderen Baustelle zugesperrt. Die Anrainer reagieren mit Wiener Schmäh: "Wir geh'n sowieso am Küberl."

Chaotischer Umbau

Chaotisch war der Umbau von Beginn an. Wegen Einsturzgefahr musste vor Weihnachten die gesamte Viererstiege innerhalb von zwei Tagen ausziehen. Eine 81-jährige Frau von der Dreierstiege, die nach erlittenem Schlaganfall auf Urlaub ging, bekam bei der Rückkehr die Wohnungstür nicht mehr auf. Grund: die Wohnung stand aufgrund schlampiger Bauarbeiten knietief unter Wasser. Ihre Nachbarin ist nach eigenen Angaben "christlich gut" davongekommen: sie hat nur Risse in der Wand.

"Solche Wohnverhältnisse sind unzumutbar", beschwert sich Bezirksvorsteherin Renate Baumann. Einige Anrainer seien bereits entnervt ausgezogen. Die freigewordenen Wohnungen können nun in die Kategorie A aufgestuft und wesentlich teurer vermietet werden. Ein gutes Geschäft für den Bauträger mit klingendem Namen "Freude am Wohnen".

Prokurist Wolfgang Prag tritt Vorwürfen, das Chaos sei zum Teil auch erwünscht, vehement entgegen. Die Baufirma Strabag spricht von einer Verkettung misslicher Umstände und verspricht, alle Probleme zu beheben. (gru/DER STANDARD, Printausgabe, 13.8.2003)