Istanbul - Die türkische Polizei hat laut Medienberichten zwei hochrangige Al-Kaida-Führer festgenommen, darunter den angeblichen Führer des Terrornetzwerkes in der Türkei. Bei einer Großrazzia in sechs Provinzen des Landes wurden am Dienstag insgesamt 25 Personen verhaftet. Zwei am Einsatz beteiligte Leiter der Anti-Terroreinheiten wurden noch am selben Tag ihres Postens enthoben.

Die am Dienstag unter strengen Sicherheitsmaßnahmen durchgeführte Großrazzia wurde in den Provinzen Van, Adana, Kilis, Gaziantep und Kayseri sowie Istanbul durchgeführt. Wie die türkische Zeitung "Radikal" berichtete, befindet sich unter den Verhafteten der mutmaßliche Führer der Al-Kaida Naher Osten, Ibrahim Sen, sowie der Türkei-Verantwortliche des Terrornetzwerkes, Halis Bayancuk.

Verantwortlich für Al-Kaida-Camps

Sen soll verantwortlich für die syrischen Al-Kaida-Camps an der Grenze zur Türkei sein und Al-Kaida-Kämpfer aus Afghanistan und Pakistan nach Syrien geschleust haben. Weiters wird ihm laut Medienberichten vorgeworfen, die Al-Kaida-Lager in Syrien mit Waffen, Geldern und Kämpfern versorgt zu haben.

Bayancuk soll das türkische Al-Kaida-Netzwerk nach dem Tod von Habip Akdas übernommen haben. Akdas wurde in einem US-Luftangriff im Irak getötet. Er war Chef der Al-Kaida-Einheit, die die tödlichen Anschläge 2003 auf das britische Konsulat, die HSBC-Bank und zwei Synagogen in Istanbul durchgeführt hat. Bei den Anschlägen starben über 60 Menschen.

Medien: AKP-Bürgermeisterkandidat unter Verhafteten

Neuen Meldungen zufolge soll sich zudem der AKP Bürgermeister-Kandidat für die südostanatolische Stadt Van, Osman Nuri Gülacar, in Polizeigewahrsam befinden. Auch ein Vertreter der regierungsnahen Hilfsorganisation IHH (İnsan Hak ve Hürriyetleri ve İnsani Yardım Vakfı) wurde am Dienstag verhaftet.

Nur einige Stunden nach dem Polizeieinsatz wurden die Leiter der Anti-Terrorabteilungen in Kilis und Van, die mit der Operation betraut waren, vom Provinzgouverneur ihres Postens enthoben, berichtet die Nachrichtenagentur Dogan.

Protest gegen Razzia

Die islamisch-türkische Stiftung für humanitäre Hilfe (IHH) protestierte heftig gegen die Razzia, die sich gegen ein Lager in Kilis im Grenzgebiet zu Syrien richtete. Die Polizei beschlagnahmte Computer und Unterlagen der IHH. Die IHH spricht von einem Komplott gegen die Organisation, deren Urheber ebenso offensichtlich seien wie das Ziel, die IHH in die Nähe der Al-Kaida zu rücken. Yasar Kutluay, der Generalsekretär der IHH, beschuldigte bei einer Pressekonferenz in Istanbul "pro- israelische Organisationen" und den "Westen".

Die IHH war international bekannt geworden, weil sie gegen den Widerstand Israels auf dem Seeweg mittels des gecharterten Schiffs Mavi Marmara Hilfsgüter in den Gazastreifen bringen wollte. Seit Beginn des Bürgerkriegs in Syrien engagiert sich die Organisation stark in dem Nachbarland.

Vor knapp zwei Wochen hat sich die islamische Stiftung gegen Beschuldigungen verteidigen müssen, wonach in einem Lastwagen mit Hilfsgütern für Syrien auch Waffen transportiert worden seien. Eine auf Anordnung eines Staatsanwaltes begonnene Durchsuchung des Fahrzeugs, das unter Begleitschutz des türkischen Geheimdienstes MIT stand, war auf Befehl eines Provinzgouverneurs abgebrochen worden. (APA, 15.1.2014)