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George Osborne wünscht sich gravierende Veränderungen in der EU.

Foto: EPA/ANDY RAIN

London/Straßburg – Der britische Finanzminister George Osborne hat die EU in einer Rede vor dem britischen Parlament zu tiefgreifenden Reformen aufgefordert. Dass Europa weiterhin mit sieben Prozent der Weltbevölkerung 50 Prozent aller Sozialleistungen leiste, werde bald nicht mehr möglich sein. Würden die staatlichen Ausgaben nicht deutlich sinken, drohe der gesamten Union "der Abstieg".

Die EU-Verträge müssten zudem geändert werden, um Nicht-Euroländer wie Großbritannien zu schützen. Andernfalls werde sich sein Land einen Austritt überlegen müssen. Die Architektur der EU-Institutionen sei dem Streben nach immer größerer Integration nicht gewachsen. "Sollten wir die gemeinsamen Interessen der Nicht-Euro-Zonenländer nicht schützen können, dann werden diese entscheiden müssen zwischen einem Beitritt zum Euro, was das Vereinigte Königreich nicht tun wird, oder die EU zu verlassen".

In der Diskussion um angeblichen Sozialtourismus aus anderen EU-Staaten musste die britische Regierung indes einen Rückzieher machen. Eine Studie des Innenministeriums wurde vorerst auf Eis gelegt, nachdem sich Berichten britischer Medien zufolge keine Beweise für einen solchen Missbrauch des Sozialsystems finden ließen.

Dieses Thema stand am Mittwoch auch im Zentrum einer wilden Debatte im Europäischen Parlament in Straßburg. Für die EU-Kommission verteidigte Justizkommissarin Viviane Reding die bestehenden Regelungen. Die Personenfreizügigkeit sei "nicht verhandelbar", sondern eines der Grundrechte der EU-Bürger. 14 Millionen Menschen nützen diese Möglichkeit, zum Nutzen ihrer Aufnahmeländer, argumentierte die Kommissarin. Die Beschäftigungsquote bei zugewanderten EU-Ausländern sei mit 68 Prozent höher als jene der Einheimischen.

Le Pen für Grenzkontrollen

Eine große Mehrheit der EU-Parlamentarier verteidigte die Freizügigkeit.

Für Einschränkungen traten vor allem britische Mandatare ein und jene von den Rechtsparteien bei den Fraktionslosen. Deren Wortführerin, Marine Le Pen vom Front National, forderte, dass die Grenzkontrollen wiedereingeführt werden müssten und die Personenfreizügigkeit infrage gestellt werden müsse. Die französische EU-Abgeordnete wünscht eine "Wiederaufrichtung des Nationalstaates" . (red, tom/DER STANDARD, 16.1.2014)