Graz/Baltimore - Wissenschafter der John Hopkins Medical Institutions in Baltimore (Maryland/ USA) haben unter Beteiligung eines Kardiologen der Medizinischen Universität Graz einen neuen Ansatz im Kampf gegen die Herzmuskelhypertrophie und daraus folgendes Herzversagen entdeckt. Das Team hat nach hochselektiven Hemmstoffen (Inhibitoren) gesucht, welches die TRPC-Ionenkanäle gezielt blockieren - und erfolgreich getestet.

Herzzellen brauchen Kalzium, um richtig funktionieren zu können. Wird jedoch über die TRPC (transient receptor potential channel)-Ionenkanäle zu viel Kalzium in die Herzmuskelzelle eingeschleust, wird das Zellwachstum rasant angekurbelt und es kann sich eine Herzmuskelhypertrophie - eine Verdickung der Herzwand - entwickeln. Im späten Stadium ist das Herz nicht mehr in der Lage, das Blut mit ausreichender Kraft durch den Körper zu pumpen - es droht Herzversagen.

Aktiviert werden die Ionenkanäle durch verschiedene Moleküle, aber auch durch anhaltenden mechanischen Dehnungsstress. Ist die fatale Entwicklung also erst einmal in Gang gesetzt, gelangt noch mehr Kalzium in die Zelle und die Erkrankung schreitet immer rascher fort, schilderte Peter P. Rainer von der Med-Uni Graz die Problematik. Eine Therapie, die diesen Krankheitsmechanismus gezielt auf molekularer Ebene stoppt, gibt es bisher nicht, so der Herzspezialist, der sich gerade auf einem mehrjährigen Forschungsaufenthalt an der Kardiologie der John-Hopkins Universität in Baltimore befindet.

Genetische Manipulation schaltet Ionenkanäle aus

Den TRPC3 und TRPC6-Kanalkomplexen kommt eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung der Herzmuskelerkrankung zu. Ziel der Forschung ist es daher, diese Ionenkanäle durch genetische Manipulation gezielt auszuschalten oder aber nach Hemmstoffen zu suchen, die ihre Aktivität beeinflussen. Letzteres hat das internationale Forscherteam, das seine Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe des Online-Magazins PNAS publiziert hat, unternommen.

"Während die genetische Deletion nur eines Ionenkanals nicht ausreicht, um einen Benefit zu beobachten, konnten wir neuartige Hemmstoffe mittesten", schilderte Peter P. Rainer. Dabei hat sich gezeigt, dass vor allem die duale Hemmung beider Ionenkanäle effektiv ist. Die Hemmstoffe (GSK2332255B und GSK2833503A) würden die beiden Ionenkanäle "hocheffektiv" inhibieren - "und wir fanden keine Aktivität gegen andere Ionenströme", schilderte Rainer.

"Zurzeit erlaubt der sehr rasche Abbau dieser Substanzen im Körper von Versuchstieren einen Einsatz im lebenden Organismus noch nicht", so Rainer. Er hält eine weitere Modifizierung der Substanzen, dass ausreichende Wirkkonzentrationen im Blut erreicht werden können, für "äußerst vielversprechend". Weiters seien die Substanzen wertvoll für Studien an isolierten Herzmuskelzellen, um die Funktion der Ionenkanäle weiter zu untersuchen. (APA/red, derStandard.at, 18.1.2014)