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Bürgermiliz-Kommandant Jose Manuel Mireles (mit blauem Hemd) posiert in Churumuco mit seiner Truppe

Foto: REUTERS/Jorge Dan Lopez

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Bürgerwehren haben ihren Feldzug gegen Mexikos Drogenkartelle gestartet.

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Straßenblockade des Tempelritter-Kartells.

Foto: Reuters/Stringer/Mexico

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Kontrollen durch Bürgerwehren.

Foto: AP/Verdugo

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Bürgerwehren in Nueva Italia beim Nachladen der Gewehre.

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Puebla - In Mexiko ist ein blutiger Krieg zwischen Paramilitärs und der Drogenmafia um die Herrschaft im Bundesstaat Michoacán entbrannt. Am Wochenende nahmen Milizen den Ort Nueva Italia ein, bis dato eine Hochburg des Tempelritter-Kartells. Zuvor hatten sie der Mafia schon deren Hochburg Apatzingán streitig gemacht; dabei kam es zu Plünderungen und Gefechten. Das angegriffene Kartell blockierte die Zufahrtswege mit ausgebrannten LKW- und Buswracks; Journalisten wurden bedroht und nicht durchgelassen. Am Montag schickte die Regierung 1.500 Soldaten und Polizisten nach Apatzingán und räumte ein, sie habe ein Riesenproblem in Michoacán. Präsident Enrique Peña Nieto setzt damit wie schon sein Vorgänger auf das Militär zur Bekämpfung der Kartelle, obwohl er eine neue Strategie versprochen hatte.

Der Bundesstaat ist eine strategische Drehscheibe für die Kartelle: Er ist arm und dünn besiedelt, hat viel Wald und Berge, und über die 270 Kilometer lange Pazifikküste werden Drogen und chemische Vorläufersubstanzen zur Drogenherstellung angeliefert. Das Kartell der Tempelritter und das Kartell "Neue Generation Jalisco" sind präsent. Polizisten und Bürgermeister stehen nach Angaben des linken Politikers Jesús Zambrano im Sold der Drogenmafia, andere wurden ermordet oder eingeschüchtert. Die Nationale Menschenrechtskommission warf den Politikern Versagen vor. Sie würden ihrer Aufgabe des Schutzes der Bevölkerung nicht gerecht. Bewaffnete Gruppen griffen deshalb zur Selbstjustiz. Michoacán könne zu einem gefährlichen Präzedenzfall werden, erklärte Ombudsmann Raúl Plascencia.

Bürgerwehren kontrollieren 19 Gemeinden

Die mit Kriegswaffen, Allradfahrzeugen und kugelsicheren Westen ausgerüsteten Bürgerwehren sind seit einigen Wochen in dem zentralmexikanischen Bundesstaat auf dem Vormarsch und kontrollieren nach eigenen Angaben 19 Gemeinden. Ihr Anführer ist der charismatische Arzt José Manuel Mireles. Er gründete die Bürgermilizen vor knapp einem Jahr, organisierte sie, rüstete sie auf und fungiert als deren Sprecher. Sein erklärtes Ziel ist es, die Vorherrschaft der Tempelritter zu brechen, die Frauen vergewaltigen und Bauern und Händler der Region mit Entführungen, Straßenblockaden, Hinrichtungen und Schutzgelderpressungen terrorisieren.

Militärposten lassen Bürgerwehren passieren

Mireles kann dabei zumindest mit dem Wohlwollen des Staates rechnen. Selbst wenn Innenminister Miguel Angel Osorio Chong erklärte, die Sicherheit sei einzig Aufgabe der staatlichen Sicherheitskräfte, und die Bürgerwehren zur Abgabe ihrer Waffen aufforderte, konnten sich die Milizen bislang unbehelligt bewegen. Das Nachrichtenmagazin "Proceso" äußerte den Verdacht, es handle sich um eine Strategie wie in Kolumbien, wo der Staat rechte Todesschwadronen und schlimmste Menschenrechtsverletzungen tolerierte, um die linke Guerilla zu bekämpfen. Sicherheitsberater der Regierung ist der kolumbianische Ex-General Oscar Naranjo. Berichten aus Michoacán zufolge lassen Militärposten die Pick-up-Karawanen der Bürgerwehren ungehindert passieren. Mireles stürzte Anfang des Jahres nahe der Ortschaft Huacana mit einem Kleinflugzeug ab, wurde unter staatlichem Begleitschutz in die Hauptstadt verfrachtet und am Sonntag wieder aus dem Krankenhaus entlassen.

Einige Tage nach dem Absturz marschierten einem Bericht des Portals "blog del narco" zufolge 300 schwerbewaffnete Killer des Tempelritter-Kartells in Huacana ein und forderten die Bevölkerung auf, sich gegen die Bürgerwehren zu stellen. Die Eskalation der Situation in Michoacán stellt die Sicherheitsstrategie von Peña Nieto infrage. Der Staatschef, der vor knapp einem Jahr sein Amt antrat, hat im Wahlkampf eine Verbesserung der Sicherheitslage versprochen. Das ist ihm bisher nicht gelungen. In seinem ersten Amtsjahr kamen der Zeitschrift "Zeta" zufolge 17.000 Menschen gewaltsam ums Leben. (Sandra Weiss, derStandard.at, 14.1.2014)