Derzeit sind zwei mit dem Merkur-Logo gebrandete Lastenräder sechs Tage die Woche im Einsatz...

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... sowie vier Hotel Kempinsky-Bikes, mit denen die Hotelgäste Wien radelnd erkunden können. .

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Das Goodville-Team: Beate Hauser (rechts), Florian Pollack und Katja Hebenstreit (ehemaliges Gründungsmitglied).

Foto: Marcus Werres Fotografie

Die Gäste des Hotels Kempinski radeln den Wiener Ring entlang. Fahrradboten liefern Lebensmittel vom Merkur am Hohen Markt an die Kunden aus. Lastenräder karren Waschmaschinen und Kühlschränke durch die Stadt. Kisten mit Wein, Gläser mit Suppe, Kartons mit Backwaren, Briefe und Pakete – all das und noch viel mehr gelangt heute bereits per Fahrrad zu den Abnehmern.

Und es soll noch viel mehr auf zwei Rädern durch die Stadt gekarrt werden, geht es nach den Firmengründern von "Goodville". Die  passionierten Radfahrer wollen Wiener Unternehmen von den Vorteilen des Radfahrens überzeugen und bieten ein Gesamtpaket rund ums berufliche Radfahren in der Stadt. Diejenigen, die es nutzen, brauchen nur noch in die Pedale treten. In Goodville, der
"Guten Stadt", werden nämlich Mobilitätskonzepte entwickelt, die speziell auf das Zweirad ausgerichtet sind.

"Riesen-Thema in der Stadt"

Hinter dem kleinen Unternehmen stehen Beate Hauser und Florian Pollack. Hauser kommt aus dem Marketing und Kommunikationsmanagement, verfügt als studierte Geografin über einen stadtplanerischen Hintergrund und fährt Wettkämpfe mit dem Mountainbike. Pollack hat als Jurist fünf Jahre lang Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeit beraten.

Vor einem Jahr lernten sich die zwei kennen und entdeckten einen gemeinsamen Nenner: das Fahrrad als "Riesen-Thema in der Stadt". Nur ein halbes Jahr dauerte es bis zur Gründung von Goodville.

Merkur- und Kempinsky-Räder

Der erste Kunde war das Hotel Kempinsky in der Wiener Innenstadt. Bereits bei der Hoteleröffnung waren vier gebrandete Räder mit von der Partie. Mit ihnen können die Hotelgäste die Stadt radelnd erkunden.

Zweiter Kunde war Merkur am Hohen Markt mit seinem gratis Fahrrad-Lieferservice. Derzeit sind zwei mit dem Merkur-Logo gebrandete Lastenräder sechs Tage die Woche in den Bezirken eins bis neun sowie 20 im Einsatz. Die gesamte Organisation läuft über Goodville: von der Anschaffung der Räder über das Branding bis zur Wartung. Auch die Fahrer sind über das kleine Unternehmen angestellt.

Hundert Prozent brauchen eine Radabstellanlage

Hauser und Pollack gehen aktiv auf die Unternehmen zu. "Wir fahren mit offenen Augen durch die Stadt, sehen eine Firma, für die das Fahrrad attraktiv sein könnte und sprechen die Verantwortlichen an." Das können Konzerne sein, ebenso wie drei Personen-Unternehmen.

Goodville kümmert sich um gebrandete Fahrräder, Lastenräder, Fahrradflotten für Mitarbeiter und Kunden, Abstellanlagen und Duschen. Mit internen Umfragen werden Wünsche und Bedürfnisse ermittelt: "Zum Beispiel braucht kaum jemand, der mit dem Rad in die Arbeit fährt, eine Dusche, aber hundert Prozent brauchen eine Radabstellanlage", sprechen die Unternehmer aus Erfahrung.

Auch was betriebliche Gesundheitsvorsorge, Förderungen und Steuervergünstigungen betrifft, steht man beratend zur Seite und passt automatisierte Tools an die jeweilige Firma an. 

Weniger Krankenstandstage

Das System erfasst, wie viele Kilometer die Mitarbeiter radeln, wie viel weniger CO2 im Vergleich zum Auto produziert werden und inwieweit sich das Radeln auf die Gesundheit auswirkt. "Eine Folge des regelmäßigen Radelns sind auf jeden Fall weniger Krankenstandstage", beziehen sich die zwei Unternehmer auf aktuelle Studien. Die Zusammenhänge zwischen Radfahren und Wohlbefinden seien gut erforscht.

Delivery ist für Hauser und Pollack ein Thema der Gegenwart - und noch mehr der Zukunft. Das Fahrrad definieren sie als die schnellste, günstigste und einfachste Art, Dinge in der Stadt zu transportieren. Darüber hinaus fallen Branded Bikes im Stadtbild auf. "Unternehmer, die eine große Hürde gegenüber dem Fahrrad haben, können so aufs Rad gebracht werden", sind sich die beiden einig.

Selbstverständnis des Stadtradelns

Auch in Sachen Mulitmobilität – der Kombination von Fahrrad und öffentlichen Verkehrsmitteln - werden die Unternehmen fit gemacht. "Es bringt zum Beispiel viel, zu einem Termin mit dem Fahrrad und der U2 in die Seestadt Aspern zu fahren, anstatt mit dem Auto", sagen die Gründer. Vorausgesetzt man hält sich an die vorgegebenen Mitnahmezeiten.

Goodville ist in keiner bestimmten Fahrrad-"Szene" angesiedelt. Die Unternehmer greifen auch auf das Know how anderer Radexperten zu, tauschen sich mit den Heavy Pedals, von denen sie die Lastenräder beziehen, ebenso aus wie mit der Stadt Wien. "Es ist eine gute Zeit, um in Wien was fürs Fahrrad zu machen", wollen sie das Bewusstsein fürs Radfahren stärken. Was auch das Selbstverständnis des Stadtradelns umfasst. 

Smart-E-Bike cooler als der Porsche

Zu diesem tragen auch etliche Personen des öffentlichen Lebens bei, wie der Soziologe Roland Girtler, der Szenefriseur Erich Joham, die Chefin des Kunsthistorischen Museums Sabine Haag oder der Bankmanager Andreas Treichl. Indem sie in die Arbeit und von dieser wieder nach Hause radeln, transportieren sie – sei es bewusst oder unbewusst - eine Botschaft: Alltagsradfahren in der Stadt ist nicht nur machbar, sondern auch attraktiv.

"Vor allem viele Vertriebsleiter finden Radfahren nach wie vor unmöglich", sprechen Hauser und Pollack aus Erfahrung. "Aber wenn ich mit dem Smart-E-Bike gesehen werde, ist das viel cooler als wenn ich mit dem Porsche unterwegs bin". Denn das Fahrrad biete, mindestens ebenso wie der PKW, die Möglichkeit, individuelle Persönlichkeitsmerkmale auszudrücken. Das beginnt mit der Wahl des Rades und endet mit der Kleidung und den Acccessoires.

"Die Auslieferung  mit dem Fahrrad in der Stadt ist grün, schneller und besser planbar als mit einem KFZ", sagen die Goodville-Begründer. "Das Fahrrad kann viel, und die Dinge, die es nicht kann, bieten wir nicht an." (Eva Tinsobin, derStandard.at, 4.2.2014)