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"Natürlich bleibt Spindelegger Obmann - weil keine Alternative zu erkennen ist."

Gegen Denkverbote, für interne Debatten: Josef Riegler.

Foto: AP/Punz

STANDARD: Ständige Querschüsse von den Landeshauptleuten, dann Krisensitzung - und die Beteuerung, dass es keine Obmanndebatte gebe: Kommt Ihnen all das als ehemaligem ÖVP-Chef bekannt vor?

Riegler: In der Intensität wie in den letzten Tagen habe ich das nicht erlebt. Aber das Problem, dass inhaltlich in verschiedene Richtungen gezogen wird, kannte auch ich nur allzu gut.

STANDARD: Ist Michael Spindelegger als ÖVP-Chef nun nachhaltig beschädigt?

Riegler: Natürlich bleibt er Obmann - auch weil personell keine Alternative zu erkennen ist. Aber allen Beteiligten muss klar sein, dass der Obmann das wertvollste Gut einer Partei ist. Denn wer den Obmann schwächt, schwächt die gesamte Partei - und das fällt auf alle zurück.

STANDARD: Hat Spindelegger selbst auch Fehler gemacht? Etwa indem er den Wunsch der Landeshauptleute im Westen nach Modellregionen für die Gesamtschule damit abgetan hat, dass er "nicht das Christkind" sei?

Riegler: Ich fühle mich nicht dazu berufen, das zu beurteilen. Aber in der gesamten Diskussion hielt ich die Methoden für nicht optimal.

STANDARD: Was kann Spindelegger tun, um die Partei zu befrieden?

Riegler: Während meiner Zeit habe ich das Management-Zentrum Sankt Gallen zur Beratung beauftragt, um die Zusammenarbeit in der Partei zu verbessern. Unter anderem habe ich diverse Fachausschüsse eingerichtet, mit dem Ziel, dass dort unter Einbindung aller Landesorganisationen, Bünde und Bereichssprecher die Sachthemen gemeinsam aufbereitet werden. Vielleicht sollte das jetzt wieder in Erwägung gezogen werden. Dabei darf es natürlich keine Denkverbote geben.

STANDARD: Können Sie es nachvollziehen, was Spindelegger so schlimm an Modellregionen findet, in denen die Gesamtschule erprobt werden soll?

Riegler: Der Gedanke daran ist freilich nicht schlimm - und inhaltlich erachte auch ich das für diskussionswürdig. Denn in der gesamten Bildungspolitik muss man über das Gymnasium hinaus weiterdenken und Erfahrungen sammeln - und zwar im Sinne der jungen Generation. Aber bei all dem geht es auch um die richtige Vorgangsweise: Zuerst muss in Fachgremien oder im Parteivorstand eine Linie gefunden werden - es ist ja so, dass die Herrschaften dort ohnehin regelmäßig beisammensitzen. Und Diskussionen bloß über die Medien zu führen ist immer der schlechteste Weg.

STANDARD: Wie haben Sie selbst einst die ständigen Querschüsse von den Landeshauptleuten weggesteckt?

Riegler: Angesichts des schlechten Ergebnisses bei der Nationalratswahl 1990 gab es auch bei mir viele öffentliche Zwischenrufe, die ich nicht gerade als förderlich empfunden habe. Wegen des Eintritts in die Koalition mit der SPÖ hatte damals der kometenhafte Aufstieg von FPÖ-Chef Jörg Haider längst begonnen. Ich habe mich damals noch bemüht, die Regierungsverhandlungen zu führen, eine Parteireform auf den Weg zu bringen - aber dann gleich angekündigt, dass ich beim nächsten Parteitag nicht mehr als Obmann kandidieren werde - was ich dann auch unterlassen habe. (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 14.1.2014)