Die Volksbefragung zur Mariahilfer Straße verkommt mehr und mehr zur Farce. Dass die Abstimmung über die Verkehrsberuhigung keine Volksbefragung im rechtlichen Sinn ist, sondern eine eigens für diesen Anlass geschnitzte "BürgerInnenumfrage", hat die rot-grüne Stadtregierung ja schon festgestellt. Dennoch wird dieses Instrument der direkten Demokratie behandelt, als ob es auf einer gesetzlichen Grundlage beruhte – inklusive Zugriffs aufs Melderegister. Nicht nur für Verfassungsjurist Heinz Mayer ist das eine "schwere Sünde wider den Geist der direkten Demokratie".

Die Wiener Grünen haben erfolgreich dafür gekämpft, dass neben den wohnhaften Staatsbürgern im sechsten und siebenten Bezirk auch EU-Bürger über das Schicksal der Einkaufsstraße abstimmen dürfen. Knapp 7.000 sind es, dieses Wählersegment macht etwa 15 Prozent der Wahlbeteiligten insgesamt aus. In dieser Schicht erhoffen sich die Grünen signifikant viel Zustimmung für ihr Prestigeprojekt. Angesichts der so polarisierend geführten Diskussion könnten die EU-Bürger im erwarteten knappen Rennen um die Zukunft der Mahü das Zünglein an der Waage ausmachen. Das Wiener Volksbefragungsgesetz erklärt – anders als bei Bezirksvertretungswahlen, auf die sich die Grünen berufen – aber nur Staatsbürger für stimmberechtigt.

Der Stadtregierung ist es anscheinend egal, dass die Abstimmung über die Mariahilfer Straße praktisch auf keinem Gesetz fußt. Das ist aber insofern höchst problematisch und fragwürdig, als der Umfrage ein höchstoffizieller Charakter gegeben wird. Für die Bewerbung der Abstimmung wurde und wird auch einiges an Steuergeld in die Hand genommen: 1,4 Millionen Euro kostet die aktuelle Infokampagne samt Umsetzung der Befragung. 200.000 Euro wollen die Wiener Grünen aus ihrem Werbebudget extra verwenden. Die Probephase inklusive Verlegung des 13A-Busses aus der Fußgängerzone schlug mit 1,2 Millionen Euro zu Buche. Und bisherigen Bürgerinformationen und Informationsstände kosteten etwa eine Million Euro.

Wurde die bisherige Vorbereitung des Projekts von Kritikern handwerklich als verkorkst bezeichnet, so steigern sich die Probleme langsam zu einem veritablen Desaster. Schwer wiegt der Umstand, dass die grüne Forderung nach mehr direkter Demokratie mangelhaft umgesetzt wird. Hinter vorgehaltener Hand sprechen auch grüne Politiker darüber, dass direkte Demokratie – ein nicht einfaches, aber zeitgemäßes und immer mehr gefordertes Konzept – keinen Hebel für Erneuerungen darstellt. Die Grünen müssen sich langsam Gedanken darüber machen, wo ihre Reise hingehen soll. Und wie gut diese vorbereitet ist. (David Krutzler, derStandard.at, 13.1.2014)