Jerusalem/New York - Die israelische Regierung plant Aktivisten zufolge den Bau von knapp 1.900 weiteren Wohnungen in Siedlungen in den besetzten Palästinenser-Gebieten. Das Bauministerium habe am Freitagmorgen angekündigt, 1.076 Wohnungen in Ost-Jerusalem und 801 Wohnungen im Westjordanland zu errichten, teilte die israelische Organisation Frieden Jetzt mit.

Viele der Wohnungen sollten in existierenden Siedlungen gebaut werden, erklärte Frieden Jetzt (Peace Now). Das Ministerium war für eine Bestätigung zunächst nicht erreichbar.

Der Ausbau der Siedlungen ist ein zentraler Streitpunkt in den direkten Friedensgesprächen zwischen der israelischen Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu auf der einen und den Palästinensern auf der anderen Seite. Den neuerlichen Erweiterungsbeschluss werteten Experten als Versuch Netanyahus, jüdische Hardliner nach der erneuten Freilassung palästinensischer Langzeithäftlinge vor zehn Tagen zu besänftigen.

Affront

Die Palästinenser reagierten erbost und werteten die Ankündigung als Affront gegen US-Außenminister John Kerry, der im Friedensprozess vermittelt: Die Ankündigung sei "eine Aufforderung Netanyahus an Kerry, nicht in die Region zurückzukehren", sagte Chefunterhändler Saeb Erekat der Nachrichtenagentur AFP. Netanyahu sei "entschlossen, eine Zweistaatenlösung zu verhindern". Sobald Kerry seine Bemühungen um die Friedensgespräche intensiviere, reagiere Netanyahu, "um den Friedensprozess zu zerstören", sagte Erekat, der die EU dazu aufrief, "jegliche Kooperation mit der israelischen Besatzungsmacht aufzukündigen".

Das US-Außenministerium erklärte, "Israels Verhalten sei "unseren Friedensbemühungen nicht zuträglich". "Aus unserer Sicht waren und sind die Siedlungen illegal", sagte Ministeriumssprecherin Jennifer Psaki. Auch UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon reagierte "alarmiert" und bezeichnete die neuen Baupläne als rechtswidriges "Hindernis für den Frieden".

Kerry machte den Nahen Osten zum bisherigen Schwerpunkt seiner im Februar 2013 begonnenen Amtszeit. Anfang Jänner hielt er sich zu seinem zehnten Amtsbesuch in der Region auf. In der kommenden Woche will Kerry weitere Verhandlungen in Jerusalem und Ramallah führen. Sein Ziel ist, bis Ende Jänner eine Einigung auf das künftige Verhandlungsgerüst durchzusetzen und schriftlich festzuhalten.

Eine Umfrage der israelischen Tageszeitung "Maariv" zeigte unterdessen, dass eine Woche nach Kerrys jüngstem Vermittlungsversuch die Israelis kaum an einen Erfolg der Gespräche glauben. Rund 80 Prozent der gut 500 befragten jüdischen und arabischen Israelis sagten, sie erwarteten ein Scheitern der laufenden Verhandlungen. 73 Prozent gaben an, einen völligen Rückzug der israelischen Truppen aus dem Westjordanland abzulehnen.

Unterdessen wurden bei einem mutmaßlichen Racheakt jüdischer Siedler in einem palästinensischen Obsthain in Israel zahlreiche Bäume gefällt. "Grüße aus Esh Kodesh" hieß es auf einem Schild, das die Täter am Ort nahe der arabischen Ortschaft Kfar Qasim unweit der Grenze zum Westjordanland hinterließen.

Esh Kodesh ist der Name eines illegalen Außenpostens einer jüdischen Siedlung im Westjordanland. Am Dienstag waren mehrere Siedler aus Esh Kodesh verprügelt worden, nachdem sie vermummt in ein palästinensisches Dorf eingedrungen waren. Zwischen radikalen Siedlern und Palästinensern gibt es immer wieder ähnliche Zusammenstöße. (APA/Reuters, 10.1.2014)