Bisphenol A bindet an das Schalterprotein K-Ras, das für Wachstumsprozesse in der Zelle entscheidend ist und eine Rolle bei der Tumorentstehung spielt.

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Bochum - Bisphenol A stört die Funktion von Proteinen, die entscheidend für Wachstumsprozesse in Zellen sind - das berichten Forscher der Ruhr-Universität Bochum und der Bergischen Universität Wuppertal. Die Substanz, kurz BPA, kommt in vielen Kunststoffprodukten vor und steht schon länger im Verdacht, gesundheitsschädlich zu sein. Bisher ging man davon aus, dass Bisphenol A an Hormonrezeptoren bindet und dadurch seine schädliche Wirkung entfaltet. Die Ergebnisse sind im "Journal of Medicinal Chemistry" veröffentlicht.

Komplexer als gedacht

Das Team von Chemikern und Biochemikern entdeckte, dass die Substanz auch auf die sogenannten kleinen GTPasen wirkt. "Unsere Studie gibt weitere Hinweise darauf, dass die physiologischen Wirkungen des Bisphenol A offenbar noch komplexer sein können als bisher gedacht", sagt Biochemiker Raphael Stoll von der Ruhr-Universität. Die von den Forschern entdeckten Verbindungen belegen aber nicht nur die Schädlichkeit von BPA auf das Zellwachstum, sondern zeigen auch Wege zu einer zukünftigen Entwicklung pharmazeutisch-wirksamer Substanzen gegen GTPase-vermittelte Tumore auf.

Kleine GTPasen sind Enzyme, die in zwei Zuständen in der Zelle vorliegen können. In der aktiven Form ist das Molekül GTP gebunden, in der inaktiven Form die energieärmere Form von GTP, GDP genannt. Diese Schalterproteine sind entscheidend dafür, Signale in der Zelle weiterzuleiten. Die Forscher zeigten, dass Bisphenol A an zwei verschiedene kleine GTPasen bindet, K-Ras und H-Ras, und den Austausch von GDP gegen GTP stört.

Gefährlicher Schadstoff

Verschiedene Einrichtungen haben bereits hervorgehoben, dass Bisphenol A gesundheitsschädlich sein könnte: das Bundesinstitut für Risikoforschung, die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, die US Food and Drug Administration (FDA), das US National Institute of Health (NIH) und die amerikanische Brustkrebsstiftung. Endgültig haben diese Institutionen das Gefährdungspotenzial jedoch noch nicht beurteilt.

Im Jahr 2011 hat allerdings die Europäische Kommission Bisphenol A bei der Herstellung von Babyfläschchen verboten. Wissenschaftliche Studien weisen darauf hin, dass der Stoff Herzkreislauferkrankungen, Brust- und Prostatakrebs sowie neuronale Erkrankungen fördern könnte. Die Verwendung Bisphenol-A-haltiger Plastikbehälter für Lebensmittel sollte demnach eingeschränkt werden, empfehlen die Forscher. (red, derStandard.at, 9.1.2014)