Mal ehrlich: Spieler leben in goldenen Zeiten: Nie zuvor gab es ein derart riesiges, abwechslungsreiches und umfassendes Angebot an Computer- und Videospielen. Von den großen, auf Hochglanz polierten Schlachtschiffen des Triple-A auf Konsolen und PC über eine unüberblickbare Zahl an kleinen Spielen für Smartphones und Tablets, von der ständig weiter wachsenden Welt der kleinen und gar nicht mehr so kleinen Indies bis hin zur Welt der Gratisspiele reicht die Palette.

Und nicht nur das riesige Angebot ist einmalig, auch die Kosten für Spiele sind in gewisser Weise niedrig wie nie zuvor. Early-Access-Modelle und Alpha-Funding, generell günstigere Indie-Preise, regelmäßige Abverkäufe in Sommer- und Wintersales, Pay-what-you-want-Bundles und die mal mehr, mal weniger spielerfreundlich gestalteten Free2Play-Titel bedeuten, dass man als Spieler heute - abseits der großen Blockbuster am Launch-Tag - recht günstig davonkommt.

Bild: Kostenlos und wunderschön: In "Timeframe" erforscht man eine sonnendurchflutete Welt

Gratis, aber nicht umsonst

Wer gleich gar kein Geld fürs Spielen ausgeben will, hat aber auch genug zu tun. Oder eher: Mehr als er oder sie je bewältigen kann. In zahllosen weltweiten Programmier-Events wie dem Ludum Dare oder dem Global Game Jam entstehen Hunderte, ja, Tausende völlig kostenlose Spiele, die so unterschiedlich sind wie ihre Schöpfer. Originelle Web-Experimente laden ebenfalls kostenlos zum Spielen und diverse Prototypen und Vorabversionen - die Erben der früheren Demo-Versionen - erlauben den kostenlosen Blick auf Spiele, die später irgendwann  einmal erscheinen werden.

Wer soll das alles spielen - oder überhaupt mal finden? Zum Glück gibt es eifrige, aber fast überforderte Kuratoren wie Terry Cavanagh, der auf seiner Seite Free Indie Games verlässlich für etwas Überblick sorgt, oder Einzelkämpfer wie Sebastian Standke, der letztes Jahr tatsächlich alle 1.402 Spiele (!) des Ludum Dare 23 anspielte.

Für alle, die die Welt der Gratisspiele 2013 nicht so genau im Auge behalten haben, folgt nun eine klitzekleine Auswahl dessen, was letztes Jahr besonders originell und völlig kostenlos für Spielspaß sorgte: Hier sind einige der besten Gratisspiele des vergangenen Jahres.

Candy Box und A Dark Room

So wie Alice dem Kaninchen in den schier endlosen Kaninchenbau nachstürzt, taumelt man als Ahnungsloser sowohl in "Candy Box" als auch "A Dark Room" immer tiefer in ganz, ganz fremde Welten. Je weniger man zuvor über diese beiden täuschend simplen Web-Spiele ganz ohne Grafik weiß, desto besser - im Entdecken liegt der größte Reiz. Sehr anders, sehr schräg, sehr originell.

Foto: "Candy Box"

Save The Date

Wer hätte gedacht, dass eine "Visual Novel, also letztlich ein "Choose Your Own Adventure"-Spiel, tatsächlich so clevere Fragen über sein Medium zu stellen imstande ist wie "Save the Date"? Aufgabe des Spielers ist es, seine Freundin vor Unheil in verschiedenster Form zu beschützen - auch hier gilt: Je unvorbereiteter man an diese Erfahrung herangeht, desto mehr Spaß hat man.

Foto: "Save the Date"

Broforce - Brototype

Hier sind Indie-Profis am Werk: Die südafrikanischen Entwickler Free Lives schrauben seit längerem an ihrem hysterischen 80er-Jahre-Actionfilm-Parodie-Shootemup "Bro Force", und bis es so weit ist, kann man schon mal den kostenlosen "Brototype" anspielen. Sehr brachial, sehr lustig - und komplett zerstörbare Levels sind sowieso immer einen zweiten Blick wert.

Foto: "Broforce"

Super Hot

Die 7DFPS-Challenge stellt die Aufgabe, in sieben Tagen einen First-Person-Shooter zu entwicklen, und die polnischen Entwickler von Blue Brick haben die Aufgabe mit Bravour gemeistert: Das leider eher kurze "Super Hot" ist nicht nur unglaublich stylisch geworden, sondern wartet gleich mit einem völlig neuen Spielprinzip auf: Die Zeit vergeht nur, wenn wir uns bewegen - Zeitlupenkugelballett der Marke "Matrix" ist die Folge. Ein vollständiger Titel ist in Vorbereitung.

Foto: "Super Hot"

Geoguessr

So wenig braucht ein spannendes Spiel: "GeoGuessr" zeigt uns Google-Street-View-Szenen von irgendwo auf dem Planeten und wir müssen erraten, wo wir gelandet sind. Autokennzeichen, Werbetafeln, Plakate, Straßenschilder, Architektur - alles kann ein Hinweis sein. Für besonders genaues Erraten gibt es die meisten Punkte, wer mag, kann seine Freunde online herausfordern. Últrasimpel, aber Achtung: Suchtgefahr.

Foto: "GeoGuessr"

Gods Will Be Watching

Für Ludum Dare 26 entstand dieses minimalistische Point-and-Click-Adventure, in dem wir um unser Überleben auf einem eisigen Planeten kämpfen. Dabei geht's um schwere Entscheidungen, denn alle Gestrandeten werden diese Robinsonade nicht überstehen.

Foto: "Gods Will Be Watching"

Path of Shadows

Fünf Studenten an der Universität Barcelona haben mit "Path of Shadows" einen beachtlichen Prototypen abgeliefert, der Lust auf mehr macht. Das ultrastylische Stealth-Spiel im schicken Cel-Shading-Look begeistert mit tollem Character-Design, professionellen Animationen und grundsolidem Gameplay. Wer den kostenlosen Prototypen angespielt hat, freut sich garantiert auf die später folgende Vollversion.

Foto: "Path of Shadows"

Kleine Auswahl

Wie Unrecht tut man dem gigantischen Feld und den Tausenden Entwicklern kostenloser Spiele, wenn man nur eine derart kleine, letztlich subjektiv willkürliche Auswahl zusammenstellen kann! Vieles, allzu vieles fehlt und kann nur noch kurz erwähnt werden: Puzzle-Spiele wie das tolle "86856527" ebenso wie "Ending", atmosphärische Explorationspiele wie "Timeframe", ganz Abgefahrenes wie die Universumssimulation "Nested" oder aber die "Kentucky Route Zero"-Gratiszugabe "The Entertainment".

Die Welt des elektronischen Spielens ist groß, bunt und abwechslungsreich. Die zahllosen kostenlosen, kleinen und größeren Spiele tragen dazu bei, das Medium spannend zu halten - und das ganz ohne Preisschild. (Rainer Sigl, derStandard.at, 9.1.2014)

Zur Serie

In der Serie "FreePlay" beleuchtet der GameStandard die Freeware-Szene und stellt kostenlos zugängliche Games vor.

Foto: "The Entertainment"