Ziemlich mitgenommen: Schwadron-Verfliesungen im Haus Margaretenstraße 22, ...

Foto: Lisa Rastl

... erbaut von Arthur Baron im Jahr 1912.

Foto: Lisa Rastl

Wien - "Dem einen ist es nicht künstlerisch, dem anderen nicht wissenschaftlich genug", sagt Kuratorin Tina Zickler über die Schwierigkeiten, Fördergelder für etwas zu akquirieren, das zwischen Archiv und Kunst angesiedelt ist. Brüder Schwadron. Call to mind heißt das Projekt, in dem es ums Erinnern und Bewahren, aber besonders ums Finden geht.

Aufgestöbert werden sollen Spuren der Firma Brüder Schwadron, einer Firma jüdischer Besitzer, die von 1899 bis zur Arisierung des Unternehmens 1938 viele Wiener (Stiegen-)Häuser mit baukeramischen Arbeiten ausgestattet hat. Aber auch Bäder, darunter das Diana- und Amalienbad, Hotels wie das Bristol oder das Grand Hotel, die Bally-Schuhfabrik oder die Nationalbank wurden mit Fliesen des Unternehmens gestaltet.

Sauberkeit, Hygiene und Modernität waren Gründe für die plötzlich exzessive Fliesendekoration von Wohn- und Geschäftshäusern. Erstmals angewendet wurde solch beständige Verkleidung beim "Majolikahaus" Otto Wagners an der Linken Wienzeile. "Ein gefühltes Fünftel Wiens" wurde mit den ornamentreichen Kacheln der Brüder Schwadron überzogen, schätzt Zickler. Heute sei wohl nur noch ein Zehntel davon sichtbar.

Die Brüder Schwadron, die ihren Firmensitz am Franz-Josefs-Kai 3 hatten (bis vor kurzem waren hier die Ausstellungsräume der Bawag Contemporary untergebracht), waren entgegen ursprünglicher Annahmen auch keine kleine Firma. Sie zählten mit Konkurrenten wie Villeroy & Boch oder Wienerberger sogar zu den Marktführern. Die Brüder Victor (Baumeister) und Adolf (Ingenieur) waren nicht die Designer, sondern sie kooperierten mit Architekten und Künstlern sowie ausführenden Betrieben; ihr Firmenname war das Qualitätslabel, unter dem neben Fliesen etwa auch Brunnenelemente oder Kachelöfen vermarktet wurden.

Projektmitinitiatorin, Künstlerin und Fotografin Lisa Rastl hat die überlieferten und aufgespürten Zeugnisse der Schwadrons dokumentiert. Präsentiert werden ihre Fotografien nun im ehemaligen Firmensitz, deren Fliesendecke bis heute an das Kerngeschäft der Brüder erinnert.

Teil der Schau sind auch die von "Scouts" eingereichten Schwadron-Fundstücke. Die Partizipation solle "Sensibilisierung und Identifikation mit dem Stadtgeschehen" herstellen. Und die Suche geht weiter: Jeder ist aufgerufen, mit Fotos (Schwadron-Werke sind an den Signaturfliesen zu erkennen) am Archiv mitzuwirken. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 9.1.2014)