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In Theatern und TV-Shows verpönt, ist nun die Straße zum Metier von Komiker Dieudonné geworden.

Foto: AP/ Rémy de la Mauviniere

Dieudonné, "der Gottgegebene", ist kein Künstlername: Frankreichs umstrittenster Satiriker heißt wirklich so. Und er macht wieder einmal Schlagzeilen. Und zwar negative. Zum Beispiel mit dem "Quenelle"-Gruß, bei dem man eine Hand auf den durchgestreckten Arm legt - für manche eine Geste, die sich gegen "das System" richtet, für viele hat sie aber antisemitische Bedeutung.

Früher war Dieudonné M'bala M'bala, Sohn eines kamerunischen Buchhalters und einer bretonischen Soziologin, das pure Gegenteil: Bekannt wurde er im Duo mit dem jüdischen Komiker Elie Semoun. Ihre schrägste Nummer, von 1995, hieß Cohen und Bokassa. Da ging es um Palästina und die Pariser Banlieue, um Beschneidungen und Schimpansen. Am Ende flogen stets die Fäuste.

Doch bald überwarfen und trennten sich die beiden. Dieudonné versuchte es in der Politik: Als Kämpfer für die Schwarzen kandidierte er für die Grünen in der Front-National-Hochburg Dreux gegen die Rechtsextremen.

Bald kam Dieudonné aber zur Sache - seiner Sache. Bei einer Pressekonferenz in Algier geißelte der bullige Komiker nach dem 60. Jahrestag der Auschwitz-Befreiung die "Pornografie des Gedenkens". Die jüdischen Verbände Frankreichs reichten Klage ein und erwirkten eine Verurteilung. Es sollte nicht die letzte sein. Nach und nach strichen die französischen TV-Sender Dieudonné aus dem Programm. Er spielt seitdem seine Nummern gern auch auf Gehsteigen und bringt damit den Verkehr zum Erliegen.

Der heute 47-Jährige bezeichnet sich als Rassismusopfer, der vom Establishment ausgeschlossen werde - in Wahrheit ist Dieudonné selbst zum Rassisten geworden. Antisemiten vom Front National, aber auch aus der linksextremen Ecke haben sich ihm angeschlossen, Islamexegeten wie Tariq Ramadan ergreifen Partei für ihn. Eine seiner jüngsten Provokationen war die Bildung einer "antizionistischen Wahlliste".

Neue Klage droht

Schon mehrfach wegen antijüdischer Aussagen verurteilt, droht ihm eine neue Klage: Ende 2013 sagte er bei einem Auftritt, bei dem jüdischen Radiojournalisten Patrick Cohen müsse er immer an Gaskammern denken.

Jetzt hat die Regierung genug: Wie ihre Sprecherin Najat Vallaud-Belkacem am Montag erklärte, sollen Frankreichs Präfekten (Polizeichefs) die Möglichkeit erhalten, Dieudonnés Auftritte zu untersagen. Der Zeitpunkt passt: Am Donnerstag startet seine neue Tournee. Dem Vernehmen nach ist sie bereits ausverkauft.

Dieudonné spielt gern mit Gesetzesüberschreitungen. So etwa, als er sich einmal in die Haut seiner Kritiker versetzte. "Das ist doch ein schwarzer Nazi! Der Typ trieft vor Hass", frotzelte er mit dämonischem Grinsen. "Hoffentlich sind die Mikros abgeschaltet! Ich muss aufpassen, was ich sage. Ich wurde schließlich schon mit Hitler verglichen. Das ist nicht lustig. Wirklich nicht." (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD, 7.1.2014)