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Michael van Gerwen

Foto: EPA/MICK TSIKAS

London - Ein bisschen was hat es von Oktoberfest, was sich alljährlich zum Jahreswechsel im Alexandra Palace im Norden von London abspielt. Knapp drei Wochen lang wird gesungen, gejohlt, getrunken. Weniger Mineralwasser, mehr Bier. Man könnte fragen, ob das, was auf der Bühne stattfindet, nötig wäre, um die Stimmung hochzuhalten. Aber das, was auf der Bühne stattfindet, ist der Grund für das zahlreiche Erscheinen des trink-, sing- und verkleidungsfreudigen Publikums. Ein paar Herren werfen aus 2,37 Metern Abstand Pfeile auf eine Scheibe mit 45 Zentimetern Durchmesser. Darts. Von wegen Wirtshaussport. Längst hat Dart den Sprung in große Hallen geschafft.

Vor 2500 Zuschauern stieg das Finale der Weltmeisterschaft. Es hätten viel mehr sein wollen. Deswegen will die Professional Darts Corporation (PDC) nächstes Jahr in eine größere Halle im "Ally Pally", wie der Alexandra Palace liebevoll genannt wird, übersiedeln. Der Niederländer Michael van Gerwen wird dann versuchen, seinen Titel zu verteidigen. Der 24-Jährige wurde am Neujahrstag zum ersten Mal Weltmeister. "Das ist der größte Tag meines Lebens", sagte van Gerwen, der in der Vorrunde den Österreicher Zoran Lerchbacher besiegt hatte. Er ist nunmehr der bisher jüngste Champion in der 20-jährigen Geschichte der PDC-WM, der zweite niederländische nach Raymond van Barneveld (2007).

"Snakebite" kann nicht mithalten

Van Gerwens Titel kam nicht überraschend. Nicht nur weil der 16-fache Weltmeister Phil Taylor (53) bereits in Runde zwei ausgeschieden war. Schon die ganze Saison über überzeugte van Gerwen, der sich im Vorjahr noch Taylor im Finale geschlagen geben musste. Im Alter von 17 Jahren warf er erstmals einen Neundarter, brachte mit nur neun Würfen die Punktzahl von 501 auf null, inklusive eines letzten Pfeils auf ein Doppelfeld. Weniger geht nicht. Ein WM-Titel wurde ihm da schon vorhergesagt. Sieben Jahre später wurde er der Prophezeiung gerecht. Einen Neundarter warf er im Finale nicht, dafür 16 180er. Die maximal mögliche Punktzahl mit drei Würfen (dreimal Triple-20). Auf mehr als 100 Punkte kam er im Schnitt mit drei Pfeilen.

Da konnte sein Gegner Peter Wright (43) nicht mithalten. Aber der Schotte - erstmals stand kein Engländer im WM-Finale - schlug sich achtbar. Nach 0:4-Rückstand verlor er 4:7. Von Weltranglisten-Position 16 verbessert er sich auf Platz sieben. Wright fiel aber während der WM nicht nur durch seine konstante Wurfleistung auf. Haare und Kleidung trägt Wright bunt. Eine aufgemalte Schlange ziert seinen Schädel, erinnert an seinen Spitznamen "Snakebite" . Der steht für sein Lieblingsgetränk - ein Mixgetränk aus Lagerbier und Apfelschaumwein. Davon kann er sich jetzt ein paar leisten. 120.000 Euro kassierte Wright für den Finaleinzug.

Wachablöse

Michael van Gerwen ("Mighty Mike") bekam 300.000 Euro, löste Phil "The Power" Taylor an der Spitze der Weltrangliste ab. Dem 24-Jährigen wird zugetraut, dass er den Engländer auch als dominierenden Mann der Sportart ablöst. Dass er kein Engländer ist, schien die Zuschauer im Ally Pally nicht weiter zu stören. Und falls doch: Es blieb immer noch der Alkohol. Und das Lied: Stand up if you love the Darts. (rie, DER STANDARD, 03.01.2013)