Eisenstadt - Hitze und Trockenheit des heurigen Rekordsommers setzen auch dem Neusiedler See zu. Die geringe Wassertiefe von rund 1,5 Metern ist zwar von Haus aus ein Markenzeichen für den Steppensee, Gluthitze und Regenmangel lassen ihn aber täglich seichter werden.

Am Montag wurde in Rust ein Pegelstand von 115,19 Metern über Adria gemessen, ein Wert, der im Vorjahr erst im September erreicht wurde. "Aber es ist kein Drama", beruhigt der Leiter der Biologischen Station in Illmitz, Univ. Prof. Dr. Alois Herzig, im APA-Gespräch. Auch mit einem Austrocknen des Sees ist nicht zu rechnen - es sei denn, es kommen drei, vier weitere trockene Jahre in Folge, "dann wird vom Neusiedler See nicht viel überbleiben".

Dramen in den Augen der Nutzer

"Die Dramen entstehen in den Augen der Nutzer", weiß der Neusiedler-See-Experte. Denn, "wer ein zu großes Segelboot hat, für den ist es ein Drama, wenn er nicht mehr ausfahren kann". Die im See lebenden Organismen jedenfalls haben sich der Situation angepasst, "denen kann so schnell nichts anhaben". Auch ein Großteil der Fische kämen mit den Bedingungen - höhere Temperaturen, höherer Salzgehalt als in einem normalen Süßwassersee - zu Rande.

Ein trockener Schilfgürtel und niedriger Wasserstand, wie es ihn auch im Frühjahr gegeben habe, sei aber schon immer gleichbedeutend mit weniger Reproduktionserfolgen bei den Fischen, denn die meisten von ihnen gehen zum Ablaichen in den Schilfgürtel. Wenn Teile des Schilfgürtels trocken fallen, wird ein Großteil der Jungfische von der Jungwanderung in den See abgeschnitten und geht verloren.

Niedriger Wasserstand

Der See wird heuer sicher einen niedrigeren Wasserstand erreichen als im Vorjahr, meint Herzig, ob es der niedrigste Stand der vergangenen 20 Jahre sein wird, kann er aber noch nicht sagen. Und wann wird es für das "Meer der Wiener" dramatisch? "Wenn es ein paar Jahre so weitergeht." Gleichzeitig beruhigt er: "Nach der Regel müsste nächstes Jahr ein feuchteres Jahr sein. Wir müssten im Winter schon mehr Niederschläge kriegen, dann wäre das in Windeseile wieder kompensiert."

Von einem Austrocknen des Neusiedler Sees geht er nicht aus, er glaubt nicht an so einem abrupten Klima-Bruch. "Es kann schon sein, dass die Trockenphasen länger werden. Das wäre jetzt mit drei Trockenjahren hintereinander der Fall. Aber alles andere wäre für mich eine extreme Überraschung."

Hundert Mal verschwunden

Der See ist in seiner langen Geschichte etwa 100 Mal verschwunden, zuletzt von 1865 bis 1868. "Man sagt, dass er in jedem Jahrhundert mindestens einmal ausgetrocknet ist", berichtet Herzig. Im 20. Jahrhundert blieb dieses Naturschauspiel zum Glück aus.

Den Großteil seines Wassers bezieht der See aus Niederschlägen, das Gebiet liegt allerdings im Regenschatten der Alpen und die Verdunstung ist enorm. Bei Hitzewellen kann pro Tag ein Zentimeter Wasser verloren gehen. Das sind drei Millionen Kubikmeter Wasser. Zum Vergleich: Wien verbraucht an Spitzentagen etwa 500.000 Kubikmeter. (APA)