Man kann sich die Wiener Börse - so wie die meisten Börsen - an einem Freitagspätnachmittag ruhig so vorstellen wie andere Betriebe auch: Das Wochenende naht, noch ein wenig Aufräumarbeiten, sonst wird der Welt kein Haxen mehr ausgerissen. Bis auf letzten Freitag, als knapp vor Schluss mehr Aktien gehandelt wurden als sonst in Wochen - neun Prozent der VA Tech, 1,35 Millionen Aktien, wechselten um einen Wert von rund 33 Millionen Euro den Eigentümer.

Wer glaubt, dass dieser Deal zwischen der Verstaatlichtenholding ÖIAG (bzw. der von ihr beauftragen Deutschen Bank) und einer nicht bekannten Zahl neuer glücklicher Eigentümer nicht vorher ausgemacht wurde, der ist im besten Fall naiv. Würde diese Masse an Aktien einfach am freien Markt zum Verkauf angeboten, würde der Kurs ins Bodenlose stürzen, da niemand - und schon gar nicht freitags um halb fünf - so schnell zuschlägt. Die Deutsche Bank brauchte hingegen exakt vier Sekunden, um den Großteil des Kaufs abzuwickeln.

"Friends of Kovats"

Nach vielen misslungenen Anläufen zur Privatisierung von Staatsanteilen ist damit der ÖIAG endlich auch etwas gelungen - ein rascher, reibungsloser Verkauf zu einem guten Kurs. Der ÖIAG gelang noch anderes: Sie verhinderte, dass Mirko Kovats zum Zug kam - oder besser gesagt: die "Friends of Kovats", befreundete institutionelle Investoren, die mit zusätzlichen Anteilen dem nunmehr größten Eigentümer der VA Tech einen zentralen Platz an der Unternehmensspitze garantiert hätten.

Absprachen werden nicht nachzuweisen sein, obwohl sie aufgrund des Vorgangs auf der Hand liegen. Ausgetrickst: auch eine Methode, unliebige Investoren fern zu halten und sich eine aufwändige Ausschreibung zu ersparen. Die Börse lieferte dazu das Feigenblatt. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 12.8.2003)