Abwiegeln ist fehl am Platz: Die Traiskirchener Massenschlägerei mit einem Toten ist ein Alarmsignal. Dafür, dass der Umgang mit Menschen, die in Österreich um Asyl ansuchen, inakzeptabel geworden ist. Preisdumping bei der Flüchtlingsbetreuung, das verkauft sich als Beitrag zum "Budgetsparen" politisch gut. Das daraus resultierende Chaos, das Fehlen sozialarbeiterischer und mediatorischer Betreuung, führt jedoch - wie man sieht - zu Gewaltexzessen im Lager, diesem Mikrokosmos nationalistischer, ethnischer und zwischenmenschlicher Konflikte.

Ist es von adäquater Flüchtlingsbetreuung etwa zu viel verlangt, wenn man deren Aufgabe im Erkennen - und präventiven Entschärfen - von Spannungen sieht, wie sie in der Hitze der Nacht zum Sonntag so umfassend und fatal zur Explosion kamen? Mussten Tschetschenen und Moldawier wirklich Tür an Tür untergebracht werden, auf dass sich diese unliebsame Nähe zuletzt an spielenden Kindern zu Handgreiflichkeiten hochschaukelte? Am Tag danach wurden mehrere Flüchtlinge in ein anderes Bundesland verlegt: zu spät, kann man nur sagen.

Und während die Lage im "Lager" unter der Ägide der preiswerten Firma European Homecare nicht wirklich unter Kontrolle zu sein scheint, treffen bei den Auffangstellen von Diakonie und Caritas täglich die "Ausgesteuerten" ein: Familien mit Kindern, Hochschwangere, Kranke, die trotz Asylantrag auf die Straße gesetzt werden, obwohl ihnen laut Oberstem Gerichtshof Versorgung durch den Staat zusteht. So viele sind es, dass selbst die karitativen Organisationen manche wieder wegschicken müssen: Entscheidungen, die Leid schaffen, Menschen über existenzielle Grenzen treiben. Doch zu einem Umdenken im Ministerium hat das alles bisher nicht geführt. (DER STANDARD, Printausgabe, 11.8.2003)