Crawford/London/Bagdad - US-Präsident George W. Bush hat die Errichtung von Demokratie und die Herstellung einer funktionsfähigen Wirtschaft im Irak als ein "langfristiges Unternehmen" bezeichnet. Es sei aber wichtig für die Stabilität der Region und die Sicherheitsinteressen der USA, fügte Bush in seiner wöchentlichen Rundfunkansprache hinzu. In London teilte die Ministerin für internationale Entwicklung, Baroness Valerie Amos, mit, sowohl amerikanische wie britische Diplomaten arbeiteten inzwischen an einem Entwurf für eine neue UNO-Resolution zum Irak. Diese könnte weiteren Nationen die Möglichkeit zur Entsendung von Truppen bieten. Unterdessen strahlte der arabische TV-Sender "Al Arabiya" den Gewaltaufruf einer bisher unbekannten irakischen Islamisten-Gruppe aus.

Bush nahm die 100 Tage, die seit seiner Erklärung zum Ende der Kampfhandlungen im Irak verstrichen sind, zum Anlass für seinen Ausblick. In seiner Rundfunkansprache am Samstag betonte Bush, 100 Tage Nachkriegszeit im Irak seien nicht ausreichend, um eine abschließende Bewertung abgeben zu können. Es sei aber bereits viel erreicht: Jetzt kontrollierten 6000 irakische Polizisten die Hauptstadt, 20.000 weitere täten in anderen irakischen Städten Dienst.

Bush fordert Geduld

Der Irak sei daher unter amerikanischer und britischer Besatzung sicherer geworden. Die Banken hätten wieder geöffnet, die Wirtschaft werde wieder in Gang gebracht. Die Ölproduktion liege bereits wieder bei einer Million Barrel Öl pro Tag, 150 Zeitungen erschienen täglich, und überall entstünden neue örtliche Verwaltungen, sagte Bush. Gleichwohl seien noch viele und auch gefährliche Aufgaben zu erledigen, sagte er weiter. Dies erfordere nicht nur Zeit, sondern auch Geduld.

In London teilte die Ministerin für internationale Entwicklung, Amos, dem "Daily Telegraph" mit, auch die USA sähen angesichts der gewaltigen Kosten, die ihr Einsatz im Irak mit sich bringe, inzwischen auch den Nutzen, den eine neue UNO-Resolution für sie haben könnte. Die Kriegsgegner Russland und Frankreich hatten wiederholt für eine neue UNO-Resolution zum Wiederaufbau im Nachkriegsirak geworben. Bisher hatten sich die USA als Siegermacht dagegen gesperrt. Die USA geben rund vier Milliarden Dollar monatlich für Aufgaben im Irak aus.

Der Dubaier Sender "Al Arabiya" zeigte am Samstag Aufnahmen vermummter Männer, die sich als Mitglieder der Gruppen "Weiße Flaggen", "Moslemische Jugend" und "Armee Mohammeds" ausgaben. Sie erklärten, der bewaffnete Untergrundkampf sei der einzige Weg zur Befreiung des Iraks. Gleichzeitig warnten die Sprecher ausländische Nationen davor, ebenfalls Truppen in den Irak zu schicken. Die Authentizität der Aufzeichnung konnte nicht überprüft werden.

Bei den Krawallen in der südirakischen Stadt Basra ist das Büro der Organisation Ärzte ohne Grenzen (Medecins sans frontieres/MSF) geplündert worden. Die Demonstranten seien in das Gebäude eingedrungen und hätten alles mitgenommen, "was sie finden konnten", sagte eine Sprecherin der Organisation am Samstag. Den Mitarbeitern sei nichts passiert; einige stünden aber unter Schock, weil die Plünderer bewaffnet gewesen seien. Sie seien zunächst in die jordanische Hauptstadt Amman gebracht worden. Über eine Rückkehr sei noch nicht entschieden. (APA/Reuters)