Dem Vernehmen nach ist der kleine Bruder des Freunds ein besonders windiger Gesell'. Ihm fehlt, was jenen definiert, die g'rade Michelhaftigkeit, die Selbstlosigkeit des Verbundenseins. Mit schöner Regelmäßigkeit mengt er sich forsch in hierzuländliche Angelegenheiten, obwohl angeblich auch schon mal das große, g'rade Deutschland von einer Amigo-Affäre heimgesucht worden ist, vom appeninischen Freunschaftsbund namens P 2 ganz zu schweigen.

Das Freunderl ist - aktuell lässt sich das sogar in der New Economy beobachten - eine Art gut geschmiertes Kugellager, wenn schon nicht des Fortschritts, so doch des Fortkommens. Ein soziales Phänomen, das gar nicht genug Beachtung finden kann. Würde dies im Rahmen eines Orchideenstudiums dann auch noch gelehrt werden können: umso besser. Ist das Freunderl denn nicht, so besehen, selbst eine Art Orchidee? Schmarotzer, gewiss. Aber doch auch ein betörendes Etwas, das Frauen sich mit Vorliebe an den Hut stecken, weiß der Herrgott warum.

Das Entscheidende am Freunderl ist allerdings das Feuchtbiotop, in welchem es gedeiht, wenn es benedeit, wie es halt seine Art ist. Nicht umsonst wird dieses Biotop zuweilen auch "Wirtschaft" genannt, weil das heimische Deutsch auch über die Wirtschaft - so wie über den Freund - stets als etwas Doppelsinniges, so nicht gar -bödiges spricht: "Das ist eine schöne Wirtschaft", sagt der Beobachter.

Und wenn er genügend beobachtet hat, ergänzt er (oder besser: sein befreundeter Kant-Kenner) quasi a posteriori: "Das ist ein schöner Freund."

Was also tun mit so einem schönen Freund? Im Grunde wäre es ganz einfach: die Freundschaft pflegen. Das wäre dann allerdings im Wesentlichen ein Freundschafterl, und bei einem solchen stellt sich dann leider die Frage, ob es überhaupt pflegbar ist. Oder andersherum: Ist die Pflege des Freundschafterls etwas entscheidend anderes als die Antlitzpflege, die Gesichtswäsche? Und sollte das Ganze deshalb nicht eher auf eine Kopfwäsche hinauslaufen?

Das Wort "Lebensmensch" ist erst unlängst aufgekommen, so als Modegag, weil "Freund" ein wenig überwuzelt klingt, so unurban, philosophesk. Aber was für eine andere Perspektive hat, hart gefragt, der Lebensmensch, als über kurz oder lang seinerseits zum Lebensmenscherl zu werden? Woraus sich freilich noch eine, nicht ganz unaktuelle Frage ergibt: "Was, um Himmels willen, soll man unter Perspektive verstehen?" Wolfgang Weisgram []