Konsequenz ist eines, Härte etwas anderes. In Zusammenhang mit sturer Paragrafenreiterei kann sich beides zu purer Verantwortungslosigkeit auswachsen. So geschehen im Fall des tuberkulosekranken dreijährigen Georgiers, dem laut Innenministerium keine medizinische Behandlung auf Staatskosten im Rahmen der Bundesbetreuung zusteht, weil sein Vater im vergangenen Jahr straffällig geworden sein soll.

Die Argumentation könnte obrigkeitsstaatlicher nicht sein: Ein vorbestrafter Flüchtling ist zwangsläufig aus der Bundesbetreuung auszuschließen, so lauten die Regeln - Schluss, aus! Dreist ist das Argument auch: Was hat die Straffälligkeit des Vaters mit der (medizinischen) Versorgung des Rests der Familie zu tun? Nicht zu vergessen das feige Delegationsprinzip: Zuständig seien die Gesundheitsbehörden der Länder - die in diesem Fall in Wien ihre Verantwortung voll ergriffen haben.

Und was, bitte, wäre geschehen, hätte die Familie die Nerven weggeworfen und wäre in die Illegalität abgetaucht? Zugang zur Tuberkulosetherapie ist dort sicher nicht leicht zu bewerkstelligen. Umso mehr, als die Behandlung langwierig ist - selbst bei der hier zum Glück vorliegenden, für Mitmenschen nicht gefährlichen Erkrankungsform. Von der Sorge um die Volksgesundheit seitens der Strasser-Beamten kann hier nicht die Rede sein. Eher vom Gegenteil, und das ist im Grunde auch ein sicherheitspolitisches Problem.

Im konkreten Fall hat sich der Familienvater selbst an eine karitative Organisation gewandt. Doch erst tagelange Interventionen durch die ohnehin überlasteten Mitarbeiter der Diakonie brachten eine Zwischenlösung. Auch wenn die Vereinbarung zwischen Bund und Ländern über die Versorgung von Asylwerbern schon auf Schiene ist: einfach verantwortungslos! (Irene Brickner, DER STANDARD Printausgabe 9/10.8.2003)