Wien - Die Züchtung erbsengroßer Minihirne, die Forscher um Jürgen Knoblich vom Imba in Wien gelang, war einer der gefeierten wissenschaftlichen Durchbrüche des Jahres. Nun schickten die Wiener Forscher im Wissenschaftsjournal "PNAS" noch einen weiteren, eher theoretischen Fachartikel zum Thema nach: Sie entwickelten ein mathematisches Modell, das die dreidimensionale Ausrichtung des sogenannten Spindelapparats ermittelt - und damit die Richtung bei der Zellteilung sowie die korrekte Platzierung der Tochterzellen.

Wenn sich ein Mensch oder eine Labormaus im Mutterleib entwickelt, müssen aus einzelnen Zellen dreidimensionale Gewebe und Organe wie etwa das Hirn aufgebaut werden. "Damit dies funktioniert, teilen sich die Zellen in bestimmte Richtungen und sorgen so für die korrekte Platzierung der Tochterzellen", erklären die Forscher um Jürgen Knoblich vom Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in dem Fachartikel. In welche Richtung sich Zellen teilen, wird durch die Ausrichtung des Spindelapparats bestimmt. Kann man diese genau eruieren, kann man Entwicklungsprozesse besser verstehen, folgerten die Forscher.

Sie entwickelten daher einen Rechenweg, mit dem man aus einem Stapel zweidimensionaler mikroskopischer Bilder den Winkel ermitteln kann, den der Spindelapparat zu einer Oberfläche hat, die man als Referenz wählt. Diese Fläche darf durchaus uneben sein, weil das in biologischen Systemen eben meist so ist, erklären die Forscher.

Analyse eliminiert bisherige Fehler

Mit der dreidimensionalen Analyse eliminiere man systematische Fehler, die sich zwangsweise einschleichen, wenn man den Spindelapparat nur in zweidimensionalen Schnitten vermisst, schrieben sie. "Unsere mathematische Analyse enthüllte, dass die zweidimensionale Betrachtungsweise nur korrekte Zahlen liefert, wenn die Linie zwischen den zwei Zentrosomen (Anm.: die beiden gegenüberliegenden Punkte, an denen der Spindelapparat 'aufgehängt' ist) genau parallel zur Schnittfläche ist und die Referenzfläche im rechten Winkel dazu steht", so die Forscher.

Schließlich probierten sie ihre Rechenschritte bei Daten von Mausmutanten mit Spindelapparat-Defekten. Dabei konnten sie vorrechnen, dass ein Eiweißstoff namens Inscuteable die Ausrichtung des Spindelapparats nicht nur indirekt beeinflusst, sondern aktiv voranbringen kann, wie die Forscher in dem Artikel erläutern. (APA/red, derStandard.at, 30.12.2013)