Seit 2001 bricht immer wieder eine lebhafte öffentliche Debatte darüber aus, ob die Weisungsspitze des Justizministers gegenüber den staatsanwaltlichen Behörden an eine andere Stelle verlagert werden soll.

Im Jänner des genannten Jahres hat der SPÖ-Parlamentsklub eine große Enquete zu dieser Problematik veranstaltet, bei der der überwiegende Teil der hochrangig vertretenen Teilnehmer in verschiedenen Formen für eine Änderung des geltenden Weisungssystems eintrat. Das von der SPÖ seitdem mit jeweils leichten Adaptierungen vorgesehene Modell sieht die verfassungsrechtliche Einrichtung (Artikel 92a B-VG) eines unabhängigen weisungsfreien Bundesstaatsanwaltes (BStA) als Weisungsspitze gegenüber den staatsanwaltlichen Behörden vor.

Die Wahl sollte durch den Nationalrat mit Zwei-Drittel-Mehrheit auf Basis eines Vorschlages des Hauptausschusses des Nationalrates erfolgen. Dem Vorschlag des Hauptausschusses hat eine öffentliche Ausschreibung vorauszugehen, und in der öffentlichen Anhörung im Hauptausschuss sind Vertreter der Richter und Staatsanwälte zu beteiligen. Die Amtsdauer des BStA soll zwölf Jahre betragen. Wiederwahl oder vorzeitige Abwahl soll es nicht geben, sehr wohl aber eine Verantwortlichkeit des BStA vor dem Verfassungsgerichtshof - wie es bei Mitgliedern der Bundesregierung der Fall ist. Vorgesehen ist das volle Interpellationsrecht des Nationalrates und des Bundesrates gegenüber dem BStA wie gegenüber einem Bundesminister, aber kein Misstrauensvotum.

Eine andere Variante des dargestellten Modells bestünde darin, dass die Präsidenten der drei Höchstgerichte einvernehmlich einen - nicht gereihten - Dreiervorschlag dem Nationalrat unterbreiten, der dann einen dieser drei Vorgeschlagenen mit Zwei-Drittel-Mehrheit (aus-)wählt. Dabei geht es überhaupt nicht um die Abschaffung des Weisungsrechtes, sondern nur darum, dass nicht mehr der Bundesminister für Justiz auch nur in den Anschein eines Verdachtes kommen soll, er wolle in Einzelstrafsachen ein Verfahren beeinflussen. Deshalb soll die Weisungsspitze verlagert werden. Das Weisungsrecht gegenüber Staatsanwaltschaften soll schon wegen einheitlicher Rechtsanwendung im Bundesgebiet aufrecht bleiben, aber auch, um bei fehlerhafter Rechtsanwendung transparent korrigierend eingreifen zu können.

Es ist hoch erfreulich, dass der neue Bundesminister für Justiz in der Frage des Weisungsrechtes echte Dialogbereitschaft bekundet hat und die Absicht, wirklich etwas weiterzubringen. Dies wäre gut für den Rechtsstaat und für das Vertrauen der Bürger in diesen. (Hannes Jarolim, DER STANDARD, 30.12.2013)