Was RS bei Renault, ist Nismo bei Konzernpartner Nissan: Bezeichnung für die hausgetunte sportive Gerätschaft auf Basis normaler Großserienautos. Muss man mit dem Begriff "normal " beim Juke generell schon behutsam umgehen, dann erst recht beim Nismo

Das hier, dachten wir uns im Februar schon bei der Präsentation in Spanien, ist ein ziemlich lustiges Auto. Hässlich, aber schön. Wobei, hässlich: Langsam gewöhnen wir uns daran und sagen unkonventionell. Klingt auch gleich politisch korrekt. Merkwürdigerweise finden gerade Damen Gefallen am Äußeren dieses Japaners, ähnlich wie damals bei Toyotas allererstem RAV4, der den Trend kompakter SUVs losgetreten hat. Potthässlich war der in vieler Augen.

Foto: Andreas Stockinger

Vom Konzept her - vier Räder an den Ecken, kurze Fahrzeugüberhänge - offenbart der Juke entfernte Verwandtschaft zu einem NSU TT/TTS aus der späten Wirtschaftswunderzeit. Auf vier Rädern stehe, droben sei ein Dach, eile nun und fahre mit ein bisschen Krach (hoffentlich dreht der gute Goethe sich jetzt nicht im Grab um): So etwa könnte die Direktive für den Juke Nismo lauten, den Nissans Zauberlehrlinge krawallig auf die Straße stellen.

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Der 1,6-Liter-Turbo mit 200 PS macht auf dem Papier zunächst nicht viel her, nur zehn PS mehr als beim bisher stärksten Benziner (eine Nismo-Version mit 218 PS steht in den Startlöchern). Das Gesamtpaket hat's dann aber doch in sich. Dämpfer und Lenkung wurden auf Sportlichkeit getrimmt, Resultat: Man kann mit diesem Auto, obwohl Repräsentant der Hochbein-Fraktion, quasi um die Ecke flitzen. Das kann so sonst nur der vergleichbar große und vergleichbar teure Mini Countryman.

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Der erste Griff ist jedoch Pflicht, sonst steht statt Spaß Mensch ärgere dich nicht auf dem Programm: Umschalten von 2WD auf 4WD. Dazu drücke man den Wippschalter links unterm Lenkrad, am besten das Knopferl daneben mit DSC-Schriftzug und Schleudersymbol auch gleich. Dann ist der Nismo bereit zur Potenzialentfaltung. Bei 2WD: sicher nicht. Da kriegt er die Kraft nicht auf die Straße, zerrt wild in der Lenkung.

Foto: Andreas Stockinger

Getriebe der Wahl ist ein CVT. Der Stufenlosautomatik wurden sieben Schaltstufen ansimuliert, auch das heute keine Seltenheit. Passt prinzipiell nicht schlecht, aber eine gewisse Nervigkeit macht sich auch bemerkbar, akustisch und bei der Schaltstufenwahl. Ja, und wie häufig bei den Japanern, frägt man sich, ob diese merkwürdige Paketstrategie wirklich sein muss: Den Juke Nismo 4x4 gibt's nur mit CVT, obwohl ihm die knackige 6-Gang-Schaltung des 2WDlers gut stünde. Der andere Kritikpunkt betrifft das  Juke-Konzept: Selbst für ein so kompaktes Auto ist der Kofferraum arg knapp, beim 4WD reduzieren sich die 251 Liter
noch auf 207, und damit zurück zum Löblichen: Lenkung. Sitze. In- und Exterieur.

Foto: Andreas Stockinger

Supergriffiges Alcantara-Lenkrad, wie in GTS-Porsches. Ähnlich mit rotem Faden abgenäht wie Sportsitze und Mittelarmauflage. Kompliment auch für das Fahrwerk: hart, aber herzlich. Beim Motor handelt es sich um eine extrem angriffslustige Maschine, sie hätte jedoch markanteren Sound verdient. So viel Forschheit hat ihren Preis, beim Verbrauch nämlich. Da stehen nach zwei Wochen Testfahrten 10,7 l / 100 km im Bordcomputer. Zum Vergleich: Die 2,2-Tonnen-Gazelle BMW X5 M50d mit monströsen 381 Diesel-PS kam auf exakt zehn Liter.

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In Summe aber ist der Juke Nismo ein sympathischer Neuzugang - wir freuen uns auf mehr Nismo.

Dächer, Spoiler, Krallen, all diese rote Takelage - und der Nismo-Schriftzug. Damit jeder gleich weiß, dass hier ein ganz besonderer Nissan vor uns steht.  Der Nismo- Sportsgeist hat übrigens mittlerweile auch den 370Z und den  GT-R erfasst. (Andreas Stockinger, DER STANDARD, 27.12.2013)

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Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Teilnahme an internationalen Fahrzeug- und Technikpräsentationen erfolgt großteils auf Basis von Einladungen seitens der Automobilimporteure oder Hersteller. Diese stellen auch die hier zur Besprechung kommenden Testfahrzeuge zur Verfügung.

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