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Chef der "einfachen Männer", Arvind Kejriwal. F

Foto: AP Photo/Tsering Topgyal

Neu-Delhi / Wien - Stimmt der Vizegouverneur von Delhi, Najeeb Jung, den Plänen zu, so steht die indische Hauptstadt vor einem politischen Umbruch: Der frühere Steuerbeamte und Anti-Korruptions-Kämpfer Arvind Kejriwal soll Chefminister des Stadtstaates werden. Bei den Wahlen zum Stadtparlament hatte seine erst Anfang des Jahres gegründete Aam-Admi-Partei (Partei des einfachen Mannes, AAP) Anfang Dezember aus dem Stand den zweiten Platz hinter den Hindu-Nationalisten von der BJP gewonnen und die regierende Kongresspartei auf Rang drei verwiesen.

Dass diese sich nun entschieden hat, eine Minderheitsregierung der AAP zu stützen, soll wohl auch ein Signal für die Wahlen zum indischen Parlament im kommenden Frühjahr ausschicken.

Zuvor hatte die aktuelle Regierungspartei nämlich bei mehreren Landtagswahlen in bevölkerungsreichen Bundesstaaten gegen die oppositionelle BJP verloren; die Favoritenrolle droht an den dynamischen Premier-Kandidaten Narendra Modi verlorenzugehen. Und just die zahlreichen Korruptionsskandale der vergangenen Jahre waren der Traditionspartei - neben den mangelnden wirtschaftlichen Fortschritten - immer wieder zum Verhängnis geworden.

Erstaunlicher ist es da schon, dass sich die AAP, die mit dem Besen als Wahlsymbol gegen die Missstände in der etablierten Politik in den Wahlkampf gezogen war, sich nun von der so häufig kritisierten Kongresspartei ins Amt wählen lassen wollte. Möglich scheint, dass sie sich so auf dem Weg zur landesweiten Partei positionieren will - allerdings wird sie es nun wohl schwer haben, ihre teilweise populistischen Wahlversprechen ohne absolute Mehrheit im Stadtrat umzusetzen.

Zu diesen zählt etwa die Forderung, korrupte Abgeordnete innerhalb eines Jahres ins Gefängnis zu schicken. Ferner wollte die AAP auch allen Familien der Stadt 700 Liter Wasser pro Tag gratis zur Verfügung stellen, und die Strompreise sollten halbiert werden.

Nicht ohne Ironie sagte Delhis bisherige Regierungschefin Sheila Dikshit deshalb, sie wünsche der neuen Regierung alles Gute dabei, "die Versprechen zu erfüllen, die sie den Menschen in Delhi gemacht hat".

Der Entscheidung war ein Schritt vorausgegangen, wie er nicht nur in Indien bisher kaum Vorbilder hat: Mehr als 750.000 Menschen hatten im Internet, via SMS und bei öffentlich zugänglichen Treffen ihre Meinung zu einer möglichen Regierungsbeteiligung abgegeben.

Kritik kam nun von der BJP, deren Kandidat Harsh Vardhan die Regierungsbildung mangels Mehrheit zuvor abgegeben und auf Neuwahlen spekuliert hatte. "Arvind Kejriwal hat seine Prinzipien für die Macht verraten." Er sei des Betruges der Wähler in Delhi schuldig, die gegen die Kongresspartei gestimmt hätten. (Manuel Escher, DER STANDARD, 24.12.2013)