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Zwei Wochen den Klienten unterstützen, dann zwei Wochen zu Hause­ (im Ausland) sein – Alltag für 24-Stunden-Betreuer.

Foto: APA/Gindl

Zwei Wochen am Arbeitsplatz in Österreich, dann zwei Wochen zu Hause in Rumänien. Zwei Wochen dem Klienten beim Anziehen helfen, seine Medikamente verabreichen und für ihn einkaufen. Dann zwei Wochen bei der Familie sein. So sieht der Rhythmus einer 24-Stunden-Betreuerin aus. Dieser Berufsstand ist in Österreich in der Hand slowakischer und rumänischer Frauen. Rund 29.000 stammen aus der Slowakei, 20.200 aus Rumänien. Von den 58.000 Gewerbeberechtigungen gehören gerade einmal 1300 Österreichern.

Die Schranken für unselbstständig Erwerbstätige aus Rumänien und Bulgarien fallen in Österreich zwar erst mit 1. 1. 2014. Doch seit 2007 ist Personenbetreuung ein freies Gewerbe, und dieses steht in Österreich allen EU-Bürgern offen, weshalb viele Rumänen und einige Bulgaren schon längst hier sind. Ohne sie würde die Pflege alter und kranker Menschen zu Hause – 80 Prozent aller Pflegefälle – nicht funktionieren. Diplomierte Pfleger dürfen zudem als Schlüsselarbeitskräfte nach Österreich.

Großen Pflegekräfteschwung aus diesen beiden Ländern durch die Arbeitsmarktöffnung erwartet man sich beim Hilfswerk Österreich in den nächsten Monaten keinen, Vereinfachungen bei der Anerkennung von Diplomen erhofft man sich aber sehr wohl. "Beim diplomierten Personal haben wir den größten Bedarf" , sagt Geschäftsführer Walter Mar­schitz. Die Hilfsorganisation rekrutiert Betreuer in der Slowakei und Bulgarien. Insgesamt sind in Österreich knapp 1200 Bulgaren in der 24-Stunden-Pflege im Einsatz.

Mittelpunkt in der Heimat

24-Stunden-Betreuer sind in Ös­terreich laut Hilfswerk-Umfrage zu 99 Prozent auf selbstständiger Basis tätig. Anstellen ist den Familien, die diese Unterstützung brauchen, zu teuer. Dass einige von diesen Arbeitskräften in Angestelltenjobs in der mobilen Pflege oder in Pflegeeinrichtungen wechseln, werde nur in Einzelfällen passieren, meint Marschitz. Das liege an der Struktur dieser Beschäftigungsart, bei der man zwei Wochen beim Klienten wohnt, dann zwei Wochen zu Hause: "Bei den 24-Stunden-Betreuern bleibt der Mittelpunkt in der Heimat, sie bauen sich hier keine Infrastruktur auf" , sagt Marschitz.

Wenn Österreich die Grenzen länger zumache als andere Länder, dann bestehe die Gefahr, dass qualifizierte Kräfte schon woanders tätig geworden sind, meint Kurt Schalek, Pflegeexperte der Caritas Österreich. Die Pflegebranche sei nämlich ein "globaler Markt" . Wer von weiter weg komme, habe dann vielleicht einen anderen Rhythmus und ist dann zum Beispiel drei Wochen hier, drei Wochen zu Hause.

Minimaler Anstieg bei Arbeitslosigkeit

Dass viele Pflegehelfer aus Rumänien und Bulgarien bereits hier sind, heißt allerdings nicht, dass mit der Arbeitsmarktöffnung 2014 nicht weitere Migranten hinzukommen. Die Ökonomen vom Wiener Osteuropainstitut WIIW und vom IHS haben in einer Studie versucht zu berechnen, wie sich die Zuwanderung aus Rumänien und Bulgarien ab 2014 entwickeln wird. Insgesamt leben derzeit 61.000 Migranten aus den beiden Ländern in Österreich. Bis 2015 dürfte der Wert auf 106.000 an­steigen. Die Zahl der Arbeitslosen wird in den kommenden zwei Jahren durch die Öffnung minimal (plus 0,03 Prozent) ansteigen. Vor allem schlecht qualifizierte Ar­beitskräfte könnten Verdrängungseffekte zu spüren bekommen.

Für den Staat zahlt sich der Zuzug finanziell jedenfalls aus. Durch höhere Steuern und Abgaben wird der Staat laut Wirtschaftsforschern im Jahr 2023 rund 311 Millionen Euro mehr einnehmen. Selbst un­ter Abzug der Ausgaben für soziale Transferleistungen bleibt im Budget immer noch ein Plus von 106 Millionen Euro im Jahr. Positiv soll sich der Zuzug auch auf das Wachstum auswirken – im Jahr 2023 dürfte das Wirtschaftswachstum Österreichs dank der Bulgaren und Rumänen um 0,23 Prozent höher liegen. (Gudrun Spinger, András Szigetvari, DER STANDARD; 21.12.2013)