Josef Haslinger ist Chefpatissier bei Meinl am Graben und ein bedächtiger Mensch. Dass ausgerechnet er Sojasauce in seine Vanillekipferl und Zimtsterne tut, macht zuerst einmal stutzig. Bis man sie verkostet hat
Ansichtssache
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Josef Haslinger ist Chefpatissier bei Meinl am Graben und ein bedächtiger Mensch. Dass ausgerechnet er Sojasauce in seine Vanillekipferl und Zimtsterne tut, macht zuerst einmal stutzig. Bis man sie verkostet hat. Die Rezepte hat Haslinger uns verraten.
Eine Prise Salz hebt den Geschmack, aber das weiß der routinierte Hausmann ebenso wie die Bäckerin aus Leidenschaft. Salz in knapper Prise gehört in so gut wie jeden Kuchen- oder Keksteig. Kreativpatissiers wie die Pariser Legende Pierre Hermé lassen ihr Salzhändchen in manchen Fällen sogar besonders freigiebig über der Masse kreisen, für seine berühmten Schokoladen-Sablés mit Fleur de Sel etwa. "Ein Hauch Salz nimmt dem Zucker die Schärfe", sagt auch Josef Haslinger, der in der Zuckerbäckerei von Meinl am Graben verantwortlich ist für den Wohlgeschmack von Tartes und Shortbread, von Guglhupf und Strudel .
"Ideen zu neuen Kreationen kommen mir auch, wenn ich mich durch die Gänge des Geschäfts treiben lasse", sagt er. "Angesichts der vielen guten Dinge fallen mir immer wieder interessante Kombinationen ein." Zartbutterige Madeleines mit einem Hauch Lebkuchengewürz und Stückchen von der Karamellschokolade etwa. Oder solche mit Sesam, bei denen er sich heuer erstmals dazu verstieg, statt der obligaten Prise Salz einen Spritzer natürlich gebraute Sojasauce in die Masse zu fügen.
Köstlicher Umami-Ton
"Das hat unheimlich gut funktioniert", sagt Haslinger. "Unsere Sesam-Madeleines haben sich zu einem echten Renner entwickelt." Was zunächst einmal abwegig klingt, erweist sich bei der Verkostung als ziemlich raffinierter Schachzug. Denn die Sojasauce wird so sparsam eingesetzt, dass ihr Aroma keineswegs vorschmeckt, der köstliche Umami-Ton der fermentierten Bohnen im Hintergrund aber gleichwohl für subtile Unwiderstehlichkeit sorgt. Und zwar nicht nur bei expliziten Naschkatzen, sondern eben auch bei jenen, die sich ansonsten eher nicht so viel aus Keksen und Backwerk machen. Nun hat Haslinger sich Rezepte für klassisches Weihnachtsgebäck einfallen lassen, in denen die Sojasauce statt der Prise Salz eingesetzt wird. "Vanille oder Zimt sind exotische Gewürze, die in der asiatischen Küche sehr oft für salzige Kreationen Verwendung finden", sagt Haslinger. "Ich habe einfach den Spieß umgedreht und für die Vanillekipferl und Zimtsterne auf die Umami-Kraft der Sojasauce vertraut." Das Ergebnis überzeugt – ob man die Lieben am Weihnachtstisch in das süß-salzige Geheimnis der frisch gebackenen Kekse einweiht oder sich im Stillen über ihre Zugkraft freut, bleibt einem freilich selbst überlassen. (Severin Cort, DER STANDARD, Feinkost, November 2013)
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