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ISIS-Fahne in Al-Rakka

Foto: REUTERS/Nour Fourat

Damaskus - Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (ai) wirft der Al-Kaida-nahen Islamistenmiliz ISIS (Islamischer Staat im Irak und der Levante) Folter und Misshandlung in Geheimgefängnissen in Syrien vor. Selbst achtjährige Kinder und Jugendliche würden ausgepeitscht, mit Elektroschockern gequält und in schmerzhaften Körperpositionen gefesselt, stellt ai in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht fest.

Auch Erschießungen von Gefangenengruppen zählten zu den Unterdrückungsmethoden der ISIS, die Gebiete im Norden Syriens kontrolliert, berichtet die Menschenrechtsorganisation. Der Bericht mit dem Titel "Herrschaft des Schreckens: Gefangenenmisshandlungen durch die ISIS in Nordsyrien" stützt sich auf die Aussagen überlebender Opfer. 

Haft wegen Alkoholkonsums

In den Gebieten, die sie kontrolliert, würde die ultra-religiöse Miliz ihre extremen Vorstellungen von islamischem Recht durchsetzen: Menschen würden wegen Vergehen wie Zigarettenrauchen, Alkoholkonsum oder außerehelichem Sex eingesperrt und misshandelt. Aber auch Kritik an dem Herrschaftsstil der ISIS oder die Zugehörigkeit zu einer rivalisierenden Rebellenmiliz könnten Gefangennahme und Folter nach sich ziehen.

Richter mit Sprengstoffgürtel

In einem von der ISIS eingerichteten Scharia-Gericht in der Provinz Aleppo trage der Richter bei der Einvernahme Verdächtiger einen Sprengstoffgürtel, die Urteile werden nach wenigen Minuten Verhör ausgesprochen, berichten ehemalige Gefangene. Dieser Richter habe sich bei zumindest einer Gelegenheit am Vollzug der Prügelstrafe beteiligt. Zwei Informanten berichteten dem Amnesty-Team, dass in der Provinz Al-Rakka regelmäßig öffentliche Hinrichtuingen stattfinden.

Die ISIS stammt eigentlich aus dem Irak. Ihr Anführer Abu Bakr al-Bagdadi vereinigte den irakischen Al-Kaida-Ableger mit extremistischen Gruppen in Syrien, die dort gegen das Regime des Machthabers Bashar al-Assad kämpfen. Al-Bagdadis Miliz kontrolliert unter anderen die Provinzhauptstadt Al-Rakka sowie Teile der nördlichen Metropole Aleppo. Sie steht auch hinter zahlreichen Entführungen von ausländischen Helfern und Journalisten.

Die Menschenrechtsorganisation fordert die Weltmächte auf, die Waffenlieferungen an die ISIS zu unterbinden, die vor allem über die Türkei nach Syrien kommen. Die Golfstaaten, die die Hauptfinanziers der islamisischen Rebellen sind, werden aufgefordert, ihre Unterstützung einzustellen.

Vorwürfe auch gegen Assad

Der amnesty-Bericht, für den Flüchtlinge in der Südtürkei interviewt wurden, erhebt auch schwere Vorwürfe gegen Präsident Assad: Regierungstruppen greifen zivile Wohngegenden mit Artillerie und Kampfflugzeugen an, setzen Scharfschützen gegen die Bevölkerung ein und foltern Gefangene, darunter auch Kinder, "in industriellem Ausmaß". (red/APA, 19.12.2013)