Wien - Aus der 113-seitigen Anklageschrift in der Causa Yline erschließt sich, wie in der 1998 gegründeten und im Herbst 2001 pleitegegangenen Internetgesellschaft mit Geld und Vorschriften umgegangen wurde. Was etwa die Dokumentation anlangt, war man bei der von Werner Böhm gegründeten Yline laut Anklage nicht rasend genau: Der einzige Jahresabschluss, der bis zur Konkurseröffnung (27 Mio. Euro Schulden) beim Firmengericht hinterlegt wurde, war jener von 1998.

Der Angeklagte Böhm "und seine rechte Hand", wie der Staatsanwalt die ebenfalls angeklagte Ex-Yline-Managerin F. nennt, haben im Herbst 2001 jedenfalls noch versucht, Geld für die Yline aufzustellen. Ihre Ideen wären aber nie "realistisch umsetzbar" gewesen; zu diesem Ergebnis kam jedenfalls der Sachverständige in der Causa, Thomas Keppert. Zur Erinnerung: Der Ankläger geht davon aus, dass Yline bereits Anfang 2001 zahlungsunfähig war.

Belege

Als Beleg dafür, dass das auch den Angeklagten (Exmanager, aber auch Exaufsichtsräte und Wirtschaftsprüfer) klar war, zitiert der Staatsanwalt, zum Beispiel, aus E-Mails. Im Jänner 2001 etwa wurden alle Vorstandsmitglieder von einer inzwischen verstorbenen Yline-Managerin aufgefordert, "in Zeiten wie diesen sparsam mit Cash umzugehen". Ein Kollege antwortete ihr "zur Cash-Situation: Jedem von uns ist klar, dass dies ein kritischer Erfolgsfaktor für uns alle und für unser Unternehmen ist." Er urgiere deswegen seit drei Monaten, "dem Vorstand eine zumindest grobe Cashflow-Vorschau vorzulegen". Schon zuvor, im Dezember 2000, sei laut einem Zeugen "dem gesamten Vorstand bewusst gewesen, dass das operative Geschäft massiv in Schwierigkeiten war". Das EGT lag damals mit 16 Mio. Euro unter Wasser.

Trotz der "sich bedrohlich zuspitzenden Finanzsituation" und der "seit Anfang 2001 geübten Loch-auf-Loch-zu-Politik" (Anklage) sei man bis zuletzt "verschwenderisch" mit den Mitteln der Yline umgegangen. So seien einer gar nicht mehr bei Yline Beschäftigten fast 55.000 Euro an Gehältern und Zuwendungen ausgezahlt worden; Grund dafür sei "einzig die persönliche Beziehung" Böhms zu ihr gewesen.

Zudem rechnet der Ankläger Böhm Auszahlung und Bezug ungerechtfertigter Prämien zu, die Bezahlung von ihm zugutegekommenen Vermittlungsdiensten und Anwaltshonoraren aus Yline-Geldern - und zwei Flüge nach Nizza zum Grand Prix von Monaco. Kostenpunkt: 1031,8 Euro.

Böhm hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen, für alle gilt die Unschuldsvermutung. (Renate Graber, DER STANDARD, 19.12.2013)