Eine der großen Stärken von Android ist fraglos die große Flexibilität und Offenheit im Vergleich zu so manch anderem mobilen Betriebssystem. Selbst zentrale Systemanwendungen könnten dabei problemlos ersetzt werden. Einen recht eindrücklichen Beleg für diesen Umstand stellt das erkleckliche Angebot an alternativen Android-Launchern dar, aus deren Mitte im Folgenden einige exemplarisch vorgestellt werden sollen.

Motivationsbild

War in der Vergangenheit die breite Masse der diesbezüglichen Lösungen stark an Googles offiziellem Android-Launcher orientiert, ist gerade in den letzten Monaten eine gewisse Trendwende auszumachen. Tauchen doch immer mehr Launcher auf, die sich an grundlegend neuen Konzepten zur Nutzung des Homescreens versuchen.

Geradezu ein Paradebeispiel hierfür ist Aviate, der das Thema Homescreen dynamisch angeht. Alle gebotenen Informationen sind kontextabhängig, und zwar von Zeit, Ort und damit verbundener Tätigkeit. Infolgedessen wird dann etwa zu Hause ein anderes Set an Apps zum Schnellstart geboten als in der Arbeit. Dasselbe gilt auch für Widgets, die potenziell gerade relevante Informationen automatisch darstellen. In Summe nennt sich diese Konzept "Spaces", sehr vereinfacht gesprochen kann man sich darunter eine Art Google Now für den gesamten Homescreen vorstellen.

Zusammengefasst

Damit nicht genug, werden auch automatisch solche Spaces für Orte in der Umgebung erstellt. Wer also beispielsweise in einem Restaurant sitzt, bekommt nicht nur Bewertungen zu diesem geboten, sondern kann auch gleich auf Foursquare einchecken oder ein Statusupdate an die eigenen Social-Media-Kanäle versenden. Zu Hause rückt wiederum der Wecker in den Vordergrund, passend dazu lässt sich dann auch ein "Bitte nicht stören"-Modus für die Schlafenszeit einrichten. Auch wenn das Design bewusst simpel gehalten ist und die grundsätzliche Einrichtung automatisch erfolgt, können die Nutzer die jeweiligen Spaces natürlich nach Belieben anpassen.

Testphase

Eine wichtige Anmerkung: Aviate befindet sich derzeit noch in der geschlossenen Beta-Phase. Wer es nutzen will, braucht also einen Invite-Code. Da jede Person, die neu hinzukommt aber wiederum fünf Personen einladen kann, sollte ein Code über den Kommentarbereich zu diesem Artikel oder auch die üblichen Social-Media-Kanäle nicht allzu schwer aufzutreiben sein. Wie es mit Aviate weitergeht, darf übrigens mit Spannung verfolgt werden. Wurde das dahinterstehende Team doch erst vor wenigen Tagen zur Gänze von Yahoo gekauft - und zwar um stolze 80 Millionen US-Dollar.

Screenshot: Andreas Proschofsky / derStandard.at

Weniger auf ausgefeilte Funktionalitäten denn auf den richtigen Stil konzentriert sich Themer: Wie der Name schon verrät, lässt sich damit das eigene Smartphone mit einer Fülle von Themes verschönern. Ob "Hello Kitty" oder "Breaking Bad", ob minimalistisch oder ausladend - für jeden Geschmack ist ein eigener Look mit dabei. Wer will, kann auf diesem Weg seinem Android-Smartphone sogar das Aussehen des iOS-Homescreens verpassen.

Themes

Die Designs sind dabei fix vorgegeben, Icons müssen entsprechend bei der ersten Nutzung oft noch einer konkreten App zugewiesen werden. Der Wechsel zwischen einzelnen Themes erfolgt mit einem Klick, ist also in Windeseile vorgenommen. Natürlich gibt es aber auch hier einen klassischen App-Launcher, der noch dazu vom Nutzungsverhalten lernt und die meistgenutzten Apps in den Vordergrund stellt.

Ausblick

Auch Themer versteht sich noch als - allerdings mittlerweile öffentliche - Beta. Für die Zukunft hofft man, nicht zuletzt die Unterhaltungsindustrie als Partner zu gewinnen, damit diese dann für TV-Serien und Filme selbst Homescreen-Layouts anbieten kann.

Screenshot: Andreas Proschofsky / derStandard.at

Ein Sonderfall unter den vorgestellten Apps ist Cover, handelt es sich dabei doch genau genommen gar nicht um einen alternativen Launcher, sondern vielmehr um einen Lockscreen-Ersatz. Das macht dessen Funktionalität natürlich nicht weniger interessant, vor allem aber deckt er durchaus ähnliche Funktionalitäten ab.

Auswahl

Neben Uhr und Datum zeigt Cover zunächst eine einfache Liste von Apps am Lockscreen an. Wird eines der betreffenden Icons nach rechts gezogen, kommt die jeweilige App umgehend im Hintergrund zum Vorschein. Dies ist nicht nur eine flotte Art, Anwendungen zu starten, sondern erweist sich auch als nützlich, um nur schnell mal einen flüchtigen Blick in ein Programm zu werfen - also ohne überhaupt dorthin wechseln zu wollen.

Kontext

Die App-Auswahl ist dabei - ähnlich wie bei Aviate - vom jeweiligen räumlichen Kontext abhängig. Es werden also zu Hause automatisch andere Apps angeboten als in der Arbeit oder beim Autofahren. Cover lernt dabei selbsttätig von den Nutzern und passt die App-Liste nach und nach automatisch an.

Screenshot: Andreas Proschofsky / derStandard.at

Jenseits all dieser neuen Konzepte, werden aber natürlich auch noch ganz klassische Ansätze verfolgt. Ein sehr gutes Beispiel hierfür ist der Nova Launcher, der die Nutzer mit einer Fülle von Einstellungsmöglichkeiten und zusätzlichen Funktionen für sich zu begeistern versucht. Zu den Highlights gehört dabei die Möglichkeit, die Zahl der Homescreens nach Belieben zu verändern und das Raster der Icon-Anordnung zu verändern, um noch mehr Platz für zusätzliche Apps oder Widgets zu schaffen. Der am unteren Bildschirmrand angebrachte Schnellstarterbereich bietet bei Nova bis zu sieben Apps oder Widgets Platz. Wem das noch immer nicht reicht, der kann durch seitliches Scrollen auf weitere Starter zugreifen. In die umgekehrte Richtung geht das alles natürlich auch, also kann das Dock auf Wunsch vollständig deaktiviert werden. Der Anwendungsstarter bietet Filter für "neue" und "heruntergeladene" (im Gegensatz zu vorinstallierten, Anm.) Apps sowie eine Fülle von Darstellungsoptionen.

Einstellungssache

Die Möglichkeiten, den Look von Nova anzupassen, sind ebenso mannigfaltig. So gibt es nicht nur Support für diverse Theme-Formate und die Möglichkeit, Farben und Icons auszutauschen, sondern auch eine Reihe unterschiedlicher Effekte für die Übergangsanimationen des Launchers. Wer verhindern will, dass er unabsichtlich das liebevoll zusammengestellte Homescreen-Layout "zerschießt", kann dieses für jegliche Modifikationen sperren. Und natürlich gibt es eine Backup- und Restore-Funktion, mit der alle Einstellungen leicht wiederhergestellt werden können.

Premiumversion

Neben der kostenlosen Basis-Version des Nova Launcher gibt es eine "Prime"-Ausgabe um drei Euro. Diese bietet über das Erwähnte hinaus die Möglichkeit, Gesten für häufige Tätigkeiten frei zu definieren. Auch werden bei der Bezahlversion - auf Wunsch - die Zahl der verpassten Anrufe oder Mails direkt am betreffenden Icon dargestellt. Dazu kommen noch die "Drawer Groups", also die Möglichkeit, Folder innerhalb des Anwendungsstarters zu erstellen.

Ähnliche Lösungen

Viele der erwähnten Funktionen sind allerdings kein Alleinstellungsmerkmal von Nova, sondern auch bei diversen anderen Launchern erhältlich. Sehr ähnlich ist etwa der Apex Launcher. Aber auch ADW.Launcher oder GO Launcher Ex verfolgen ähnliche Konzepte, mit jeweils spezifischen Stärken und Schwächen.

Screenshot: Nova Launcher

Wer möglichst nah bei den Vorstellungen der Android-Entwickler bleiben will, kann zum offiziellen "Google Experience Launcher" (GEL) greifen, der mit Android 4.4 eingeführt wurde. Dieser ist derzeit zwar offiziell dem Nexus 5 vorbehalten, lässt sich aber auch auf anderen halbwegs aktuellen Smartphones und Tablets problemlos betreiben.

Suche

Dessen Stärke steckt vor allem in der Integration der Google-Suche direkt in den Homescreen, die - optional - sogar per Sprachsteuerung aufgerufen werden kann. Wie auch die Integration von Google Now ist diese Möglichkeit derzeit allein dem offiziellen Launcher vorbehalten. Ein Highlight von GEL ist das Konzept der dynamischen Homescreens, bei dem neue Oberflächen je nach Bedarf automatisch eröffnet und entfernt werden. Ebenfalls auffällig ist die transparente Darstellung von Statuszeile und Navigation, auch wenn dies mittlerweile nach und nach auch von anderen Launchern übernommen wird.

Manuell

Auch wenn vieles auf eine bevorstehende Veröffentlichung über den Play Store hinweist, derzeit findet man den Google Experience Launcher dort noch nicht. Also gilt es, das entsprechende Paket manuell zu installieren, das glücklicherweise relativ einfach besorgt werden kann, etwa bei XDA Developers. Interessantes Detail am Rande: Das Launcher-Paket selbst ist eigentlich nur ein schlanker Rahmen, die Funktionalität des GEL ist hingegen zu allergrößten Teilen in der Google-Search-App implementiert. Insofern wandern Bugfixes denn auch über Updates derselbigen erst recht wieder per Play Store aufs Smartphone.

Nur eine Auswahl

Die vorgestellten Lösungen sind natürlich nur eine kleine Auswahl aus dem breiten Feld der verfügbaren Android-Launcher. Kurz seien noch andere ambitionierte Projekte wie der Action Launcher, Buzz oder das vor allem auf Tablets ausgerichtete Chameleon erwähnt. Und mit Facebook Home arbeitet sogar der Anbieter des größten sozialen Netzwerks derzeit an einer entsprechenden Lösung. Zudem sind die Leser explizit dazu aufgerufen, ihre eigenen Favoriten im Forum zu posten. (Andreas Proschofsky, derStandard.at, 13.1.14)

Screenshot: Andreas Proschofsky / derStandard.at