Wien - 1914 wurde Max von Laue für eine Enthüllung mit dem Physik-Nobelpreis ausgezeichnet: Der deutsche Physiker fand heraus, dass Röntgenstrahlen an Atomen gebeugt werden und man aus den Beugungsmustern auf die Kristallstruktur von Materialien schließen kann. 100 Jahre später haben die Vereinten Nationen das Jahr 2014 zum Internationalen Jahr der Kristallographie erklärt.

Der UN-Beschluss folgte "in der Erkenntnis, dass unser Verständnis der materiellen Beschaffenheit der Welt vor allem auf unseren Kenntnissen der Kristallographie gründet". Das Studium der inneren Struktur von Kristallen "gibt uns tiefe Einblicke in den atomaren Aufbau fester Materie, daraus gewonnene Erkenntnisse ermöglichen den Fortschritt in Chemie, Festkörperphysik, Biologie und Medizin", betonte Vera Hammer, Leiterin der Mineraliensammlung und des Staatlichen Edelsteininstitutes am Naturhistorischen Museum (NHM) Wien.

Sie koordiniert die NHM-Aktivitäten zum Jahr der Kristallographie. Neben Vorträgen und Führungen für Erwachsene zu kristallographischen Themen richten sich die Maßnahmen vor allem an Kinder und Jugendliche. Für Vorschulen und Schulklassen werden verschiedene Führungen und Workshops angeboten, etwa zu "Minerale, Gesteine und ihre Entstehung" oder "Was steckt im Handy". Der Fokus auf Kinder sei bewusst gewählt, denn seit die Erdwissenschaften aus dem Lehrplan und damit weitgehend aus dem Schulunterricht geflogen seien, würden diese kaum etwas über Rohstoffe und Kristalle lernen, sagte Hammer.

Wichtiges Werkzeug der Strukturanalyse

Dabei habe sich die Kristallographie zum wichtigsten Werkzeug der Strukturanalyse entwickelt, es sei schließlich "die verlässlichste Methode um herauszubekommen, wie ein Molekül aus einzelnen Atomen aufgebaut ist", sagte Volker Kahlenberg vom Institut für Mineralogie und Petrographie der Uni Innsbruck, der einer der Koordinatoren der Aktivitäten zum Internationalen Jahr auf Bundesebene ist. Man erkannte damit die Struktur der DNA, lernte Computerspeicher zu konstruieren und weiß, wie kristalline Proteine in Zellen wachsen. Die Kristallographie ermöglicht darüber hinaus, neue nützliche Materialien und wirksamere Medikamente herzustellen.

Kahlenberg nennt im APA-Gespräch ein drastisches Beispiel für die Bedeutung der Kristallographie: "Den Contergan-Skandal hätte es sicher nicht so gegeben, wenn man eine vernünftige kristallographische Analyse an dem Wirkstoff gemacht hätte", verweist er auf die zwei verschiedenen Formen des Wirkstoffs des Schlafmittels, die sich nur durch die unterschiedliche Anordnung der Atome im Raum unterscheiden und mit Hilfe der Kristallographie erkannt werden können.

Neben den Aktivitäten im NHM werden auch im Rahmen der am 4. April in ganz Österreich geplanten "Langen Nacht der Forschung" verschiedene Aktivitäten zum Thema "Kristallographie" gesetzt, betonte Kahlenberg. Mangels einer Kristallographischen Gesellschaft in Österreich sei man dabei aber auf Eigeninitiative von Wissenschaftern und Einrichtungen angewiesen. Falls finanzierbar, würden die Wissenschafter auch gerne eine kleine Kristallographie-Ausstellung in einer Art Roadshow durch Österreich touren lassen. (APA, 21.12.2013)