Neben Essen, Trinken, Küchengeräte und Lebensmittel Einkaufen, bietet sich Tokyo hervorragend für Kochkurse an. Denn dabei kann man auch die ausgefeilte japanische Ess- und Kochkultur entdecken. Abgesehen von meinem Wachskochkurs, der eher in die Ecke "Deko-Herstellung" einzuordnen ist, habe ich noch drei weitere Kochkurse besucht - jeder Kochkurs für sich besonders.

Mein erstes Blinddate habe ich mit Yuka von Yuka's Japanese Cooking an der U-Bahnstation, da sie ein wenig außerhalb vom Zentrum wohnt und wir vor dem Kochkurs noch gemeinsam einkaufen gehen. Dabei erklärt Yuka alle Lebensmittel und anschließend lädt sie mich in ihre Küche ein, wo ich auch ihren Mann und ihren lustigen Hund Mario kennenlerne. Als Menü habe ich mir Shabu Shabu und Tempura gewünscht. Am Bild sieht man die vegetarischen Zutaten für Shabu Shabu, dem japanischen Fondue, das auf Basis von Suppenbrühe basiert. Das in der Suppe gekochte Fleisch und Gemüse wird traditionell mit Ponzu- und Sesamsauce gegessen.

Foto: Bianca Gusenbauer

Ob mit Stäbchen zu kochen wirklich effizient ist, frage ich mich schon lange Zeit. Pro: Wäre es nicht effizient, dann würden sie es wohl nicht machen. Kontra: Die Quirl-Wirkung eines Schneebesens ist wohl kaum durch zwei Stäbchen zu übertreffen. Conclusio: Die Japaner sind Puristen bei den Küchenutensilien.

Foto: Bianca Gusenbauer

Der Teig für Tempura ist denkbar einfach, aber auch hier bedarf es der hohen Frittierkunst. Glücklicherweise kann bei Yukas modernem Ofen die Temperatur gespeichert und konstant gehalten werden. Auch ich erprobe mich mit den Stäbchen und in der Tat: beim Frittieren und Wenden sind die Kochstäbchen nicht zu übertreffen, vorausgesetzt natürlich, dass man ohnehin bereits elegant im Umgang mit Stäbchen ist.

Foto: Bianca Gusenbauer

Apropos Tempura. Natürlich konnte ich es hier nicht lassen und so habe ich Yuka zu einigen Experimenten beim Teig und bei den Zutaten überredet, die unterschiedlich gelungen sind. Schwarzer Sesam im Teig passt auf alle Fälle und die Kombination mit Kochbanane war eine Replik auf meine Reise in Westafrika. Das wichtigste für schmackhafte Tempura ist aber die Zubereitung à la minute.

Foto: Bianca Gusenbauer

Kein Foto gibt es von Yukas interessantem Kühlschrank, dessen Inhalt wir Stück für Stück durchgehen, denn Yuka ist Fermentierungs-Expertin und hat mir gerade noch das Rezept für die eigene Misoproduktion geschickt. In Kürze wird das Miso-Rezept auch auf meinem Blog Gib Bianca Futter! zu finden sein.

Auch der gemütliche Teil des Abends kommt bei Yuka nicht zu kurz. Sie kredenzt Sake und ist eine unterhaltsame Gesprächspartnerin.

Foto: Bianca Gusenbauer

Auch mit Ayuko, der Betreiberin der Kochschule Buddha Bellies Cooking School bin ich bei einem Ausgang der U-Bahn verabredet, aber die Adresse ist einfach zu finden und sehr zentral. Ayuko sieht für meinen Geschmack auf diesem Foto zu brav und ruhig aus und es entspricht nicht der Realität. Aber die Bücher vor ihr deuten bereits auf ihre Expertise in der traditionellen japanischen Küche hin. Insbesondere dekoratives Sushi ist ein Steckpferd von ihr, aber auch alle anderen Speisen traue ich ihr zu.

Foto: Bianca Gusenbauer

Dass Ayuko in ihrem Zweitberuf Englischlehrerin ist, merkt man an ihrem guten Englisch und ihren didaktischen Fähigkeiten. Die Unterlagen sind professionell und sie selbst zeigt ruhig und gut strukturiert die einzelnen Arbeitsschritte vor. Nebenbei erzählt sie von Hintergrundwissen zur japanischen Esskultur.

Foto: Bianca Gusenbauer

Genaue Schnitte und scharfe Messer braucht man für dekorative Maki-Rollen. Daher erklärt mir Ayuko nach dem Kurs noch anhand ihrer eigenen Messersammlung die verschiedenen japanischen Messer und gibt mir einen guten Einkaufstipp.

Foto: Bianca Gusenbauer

Ayuko ist eine Ästhetin durch und durch, das beweist sie damit, dass sie auch die Präsentation der Speisen mitdenkt. Wer könnte diesem Suhsi-Teller wiederstehen? Ein wichtiges Detail auf diesem Foto befindet sich hinten links: das bis zum Rand vollgefüllte Glas Sake. Traditionell wird das Sake-Glas auf einem Unterteller serviert und tatsächlich überfüllt.

Foto: Bianca Gusenbauer

Das überfüllte Glas mit Unterteller wird zum Mund geführt und nach dem ersten Schluck wird der auf dem Teller gesammelte Sake in das Glas geleert und getrunken. Der Holzbehälter hier ist kein übliches Unterteller, sondern eine traditionelle japanische Maßeinheit.

Foto: Bianca Gusenbauer

Obwohl schon mehrmals zu Hause und bei meiner letzten Japanreise gemacht, freue ich mich immer wieder, wenn mir jemand die Tradition der japanischen Teezeremonie erzählt und ich nach drei Drehungen und in drei Schlucken den frisch zubereiteten Matcha trinken kann. Ein schöner Abschluss für einen gelungen Sushi-Kochkurs!

Foto: Bianca Gusenbauer

Herr Yasuo Hashimoto, Eigentümer der Edo Tokyo Soba-Schule ist ein bisschen nervös, aber sehr zuvorkommend, als ich ihn kontaktiere. Sein Englisch sei nicht gut und er sei aus der Übung, meint er bereits vorab entschuldigend per Email an mich. Daher bin ich umso gespannter, was mich in diesem Kurs, der als Zielgruppe Japaner und nicht Touristen hat, erwarten wird. Der erste Anblick von den vielen Mehlsäcken beim Stiegen Aufgang weist auf eine ernstzunehmende Institution mit hohem Umsatz hin.

Foto: Bianca Gusenbauer

Dass diese Institution nicht nur eine Schule, sondern quasi das Kompetenzzentrum für Soba in Tokio, also japanische Buchweizennudeln ist, war mir vorher nicht bewusst. Das mehrstöckige Gebäude beinhaltet neben einem Restaurant und den Lehrräumen auch eine eigene Mühle.

Ich bin die einzige Frau, die sich hier in diesen geheiligten Soba-Hallen aufhält, denn die Herstellung von Soba scheint Männersache zu sein. Herr Yasuo Hashimoto ist wirklich sympathisch und bemüht sich sehr, dass ich mich wohlfühle.

Foto: Bianca Gusenbauer

Die wichtigste Zutat für Soba ist Gefühl, denn die Klebefähigkeit von Buchweizen ist gering und der Teig muss daher in mehreren Arbeitsschritten sorgsam und liebevoll behandelt werden. Zuerst wird das Mehl mit Wasser in dieser großen Schale lose und anschließend immer klumpiger vermischt.

Foto: Bianca Gusenbauer

Anschließend wird in mehreren Falt- und Formtechniken der Teig elastisch gemacht, bis er schließlich mit einem Nudelholz groß ausgerollt werden kann, um anschließend mit viel Mehl wieder zusammen geklappt zu werden.

Foto: Bianca Gusenbauer

In einem letzten Arbeitsschritt wird der Teig mit einem speziellen Messer geschnitten. Links davon ruht eine Holzplatte auf dem Teig, die rhythmisch mit einem kleinen Trick bewegt wird und die Dicke der Nudeln festlegt.

Foto: Bianca Gusenbauer

Geschnittene Soba sind eine Schönheit für sich. Auch wenn meine Meister über die Unregelmäßigkeit schmunzeln, freut mich das Kompliment meines Übersetzers, der anerkennend mein Ergebnis betrachtet und meint, dass er sich beim ersten Mal wesentlich dümmer angestellt hätte.

Wer nicht Soba in Tokio kochen, aber essen möchte, dem kann ich einen hervorragenden Soba-Salon empfehlen. Mehr dazu auf Gib Bianca Futter!

Foto: Bianca Gusenbauer

Bei meinem Übersetzer möchte ich mich bedanken, da er nicht nur übersetzt, sondern mir Gesellschaft beim Essen und auch eine Portion von seinen Yuzu-Soba zubereitet hat. Den nächsten Kurs mit Herrn Hashimoto habe ich bereits vereinbart.

Zum Abschluss des Kurses werden auch die eigenen Nudeln zubereitet und der Rest für zu Hause verpackt. Traditionell wird Soba auf einem Korbteller kalt serviert und durch eine spezielle Sauce gezogen, um anschließend laut schlürfend gegessen zu werden. Je lauter und offener geschlürft, desto besser können die Geschmacksnoten der Sauce wahrgenommen werden.

Alle Kochkurse waren eine Bereicherung und jeder Abend ein Genuss!

(Bianca Gusenbauer, derStandard.at,16.12.2013)

Aktuelle Fotoberichte über Biancas kulinarisches Sein können auf Geheime Schnatterei und auf Gib Bianca Futter! mitverfolgt werden.

Foto: Bianca Gusenbauer