Jacopo Bassano: "Moses schlägt Wasser aus dem Felsen".

Foto: KHM

Wien - Das schummrige Dunkel, in dem allein die farbigen Dias und das Licht am Lesepult leuchten, weckt bei Kunsthistorikern Hörsaalerinnerungen. Für einen Tag konnten aber nicht nur diese wieder in Studentenzeiten abtauchen: "Nahaufnahme" nannte sich die erste Forschungskonferenz des Kunsthistorischen Museums (KHM) am Mittwoch. Eine Art Mini-Symposium, das künftig einmal pro Jahr in den Fokus rücken soll, was hinter den Kulissen von Kunst- und Rüstkammer, Antikensammlung oder Gemäldegalerie den Alltag bestimmt.

"Das Haus wirkt in erster Linie als Museum", so Georg Plattner, der Leiter der Antikensammlung. Die zweite Komponente, also jene der wissenschaftlichen Anstalt, gehe daneben eher unter. Tatsächlich ist nur wenigen bekannt, dass das aus den Sammlungen der Habsburger hervorgegangene Museum neben der Universität die größte heimische Forschungsreinrichtung für Kunstgeschichte ist (rund 75 angestellte Wissenschafter, 30 aktuelle Forschungsprojekte).

Zielgruppe des Formats sind neben Wissenschaftern und Interessierten insbesondere Drittmittelgeber und Ministerien. Zwar hat KHM-Direktorin Sabine Haag die prekärer werdenden Budgets beklagt, die Konferenz sei jedoch "kein Bettelbrief", sondern "Leistungsschau und Statement", erklärt Plattner dem Standard. Die Gelder vom Bund verstehe man nicht als Subvention, sondern als Leistungsabgeltung, sagte Haag, die das KHM vom Rechtfertigungsdruck befreien will.

Aus dem wohl populärsten Bereich des Museums, der Gemäldegalerie, berichtete etwa Francesca del Torre Scheuch. Ihr Vortrag widmete sich den Gemälden des Manieristen Jacopo Bassano (1510-1592) und seiner "Schule": Denn die Gemälde des Italieners aus Bassano del Grappa nahe Vicenza fanden bereits zu Lebzeiten rasenden Absatz, und so war auch der komplette Nachwuchs - Francesco, Leandro, Giambattista, Gerolamo - im Familienbetrieb eingespannt. Als Sohn eines Bauernmalers verstand sich Jacopo darauf, ländliche Genreszenen mit christlichen Sujets zu verbinden, was ihn sehr populär machte.

Aber auch den Habsburgern hatten es die farbstarken Bilder mit den elegant gelängten Figuren angetan: Rudolf II. und Erzherzog Friedrich Wilhelm sorgten als Sammler dafür, dass das KHM nun über die weltweit größte Kollektion von Gemälden Bassanos verfügt (86 Stück). Allerdings war nie so ganz klar, wer nun an welches Bild Hand angelegt hat.

Eine knifflige Zuschreibungsarbeit für die Forscher! Insbesondere wenn man bedenkt, dass die Söhne und Werkstattmitarbeiter auch vom Vater hergestellte Vorlagen benutzten, und bestimmte Versatzstücke, wie etwa der Blick auf den Monte Grappa, immer wieder zum Einsatz kamen. Der Teufel liegt im Detail, auf Glanzlichtern und Gesichtszügen. Interessant, diese erste Nahaufnahme. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 13.12.2013)