Das französische Künstlerduo HeHe war mit seinem "Rettungsfloß", das nun im Rotor steht, unterwegs. Ihr Antriebsmittel ist der Wind. Videos von diesem Schienenfahrzeug zeigen sie in der Schau.

Foto: HeHe

Graz - "Die Rettung der Welt wird sich nicht im steigenden Bruttosozialprodukt ausdrücken und nicht in den Börsenkursen," erzählte die Soziologin Brigitte Kratzwald bei der Eröffnung einer neuen Ausstellung im Kunstverein Rotor in Graz. "Die Rettung der Welt geht anders, und es gibt nicht die eine und einzige Lösung dafür, sondern viele - für jede Situation, für jede Region, für jedes Problem eine andere. Aber eines ist allen gemeinsam: Sie müssen auf das Ganze schauen, auf die Beziehungen und Wechselwirkungen und nicht auf Lösungen für ein Problem, die dafür andere Probleme schaffen".

Genau solche Lösungen, die auf das Ganze schauen und nicht zum Beispiel auf das Bienensterben mit dem Einsatz künstlicher Bienen reagieren, untersucht die Ausstellungsreihe Maßnahmen zur Rettung der Welt im Rotor - der Standard berichtete. Am Wochenende wurde nun Teil vier eröffnet. Nicht Klimaforscher, Techniker oder Biologen sind hier die Akteure, sondern Künstler. Manchmal thematisieren sie Probleme der Menschheit lediglich, aber fast immer haben sie auch ganz konkrete Lösungsvorschläge. Wobei es genau genommen um die Rettung der Menschheit geht, denn die Welt wird uns - da sind sich Experten einig - überleben.

Radikale unter uns

Eine zwar schon ein paar Jahre alte, aber immer noch absolut sehenswerte Arbeit ist die Videoinstallation Radikal denken der Künstlerin Anna Witt. Ausgerechnet im Wiener Shoppingzentrum Lugner City bat Witt willkürlich Passanten - junge und alte, Männer und Frauen -, einen radikalen Gedanken zu Themen wie Geld, Erziehung, Gesellschaft zu fassen. Die anonymisierten Aussagen legen sich nun als Lauftext über die tonlosen Bilder, damit der Betrachter nicht weiß, wer was gesagt hat. Wer wollte, dass alle Geschlechter vor dem Gesetz gleiche Rechte haben? Das Spannende daran: Die radikalen Ideen verändern sich in ihrer Massivität, je nachdem, wem man sie in der eigenen Fantasie zuordnet.

Das junge steirische Künstlerduo Zweintopf knöpft sich die Welt der hohlen Phrasen vor, die Welterklärer, die, statt echte Lösungen zu liefern, einem mit Konzepten die Zeit klauen. Für ihre Installation Objects Saying Something About Nothing, die eigens für die Ausstellung entstanden ist, lassen sie zwei Shredder um die Wette Papier vernichten.

Wer die Räume von Rotor betritt, stößt allerdings gleich im ersten Raum auf ein anderes Objekt: Das Radeau de sauvetage ("Rettungsfloß") der französischen Künstlerduos HeHe ist aber mehr als eine im Weltrettungskontext schöne Metapher. Denn das Floß fährt tatsächlich - von umweltfreundlicher Windenergie angetrieben. Den Beweis für die Ausfahrten mit ihrem Vehikel legen die beiden Männer, die sich schon seit Jahren in ihrer Kunst mit Schienenfahrzeugen beschäftigen, in einem Video vor, das im selben Raum läuft.

Sehr handfest - auch im wissenschaftlichen Sinn - sind die Arbeiten von Klaus Schaffler, der mittlerweile zum Klimaexperten der Kunstszene avancierte. Im Rotor erzählt sein Video Hacking the Future and Planet von Eingriffen ins globale Klimasystem. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 12.12.2013)