Wissenschafter von der Technischen Universität München haben erstmals live den Verschleiß organischer Solarzellen beobachtet. Die Untersuchung mit Hilfe der Röntgenlichtquelle PETRA III des Deutschen Elektronen-Synchrotrons DESY könnte neue Ansatzpunkte liefern, um der vielversprechenden Solarzellenart eine größere Stabilität zu verleihen.

Organische Solarzellen, insbesondere auf Polymerbasis, haben zahlreiche Vorteile: sie sind nicht nur kostengünstig und großflächig herstellbar, sondern erschließen dank ihrer Biegsamkeit auch Anwendungsgebiete, die bisweilen für die Photovoltaik unzugänglich sind. Außerdem können sie einen für Solarzellen großen Wirkungsgrad von mittlerweile mehr als zehn Prozent bei der Umwandlung von Licht in Strom erreichen. Doch die Technologie hat auch ihre Tücken: So haben sie eine kürzere Lebensdauer als herkömmliche Siliziumzellen und ihre Effizienz lässt schnell nach.

Veränderungen an der inneren Struktur

An der Messstation P03 bei DESYs Röntgenquelle PETRA III haben die Wissenschafter nun diesen Verschleiß erstmals live im Betrieb verfolgt. Dazu beleuchteten sie eine Polymer-Solarzelle mit einem Solarsimulator, der Licht mit dem Spektrum und der Intensität der Sonneneinstrahlung erzeugt, und zeichneten die elektrischen Eigenschaften der Zelle auf. Im Abstand von einigen Minuten bis zu einer Stunde durchleuchteten die Forscher die Zelle zudem mit dem scharf fokussierten Röntgenstrahl von PETRA III. Während der siebenstündigen Untersuchung sank die Effizienz der Solarzelle um rund ein Viertel. Parallel dazu konnten die Forscher mit dem Röntgenlicht Veränderungen an der inneren Struktur der aktiven Schicht beobachten, die das Herzstück organischer Solarzellen darstellt.

Der elektrische Strom wird darin an so genannten aktiven Domänen erzeugt, wo Licht absorbiert wird und elektrische Ladungsträger freigesetzt werden. Diese Domänen besaßen zu Beginn der Messung einen mittleren Durchmesser von knapp 70 Nanometern (millionstel Millimetern), der während der Untersuchung um etwa 17 Prozent auf rund 80 Nanometer anwuchs. Gleichzeitig stieg auch der mittlere Abstand der aktiven Domänen um 19 Prozent von 310 auf 370 Nanometer an, wie die Röntgenmessungen zeigten.

Erklärung für sinkenden Stromertrag

"Dies legt nahe, dass während des Betriebs kleine Domänen zugunsten größerer unwiederbringlich verschwinden", erläutert Erstautor Christoph Schaffer der im Fachjournal "Advanced Materials" erschienenen Arbeit. "Zwar wachsen die Domänen dadurch, jedoch entfernen sie sich auch voneinander, wodurch sich unter dem Strich ihre Gesamtfläche verringert. Insgesamt lässt sich dadurch exakt der beobachtete Rückgang des Stromertrages erklären."

"Die Untersuchung erklärt erstmals den Verschleißmechanismus, das ist ein erster Schritt", erläutert Koautor Stephan Roth, verantwortlicher DESY-Wissenschafter für die Messstation P03. „Der nächste Schritt ist, dass man versucht, das Wachstum etwa durch den Zusatz geeigneter Substanzen gezielt zu hemmen oder zu steuern. So ist es beispielsweise denkbar, die innere Struktur von Polymer-Solarzellen bei der Produktion so zu gestalten, dass sich die aktiven Bereiche während der ersten Betriebsstunden gerade in eine optimale Struktur entwickeln, statt aus ihr herauszuwachsen", erklärt Müller-Buschbaum. "Solche Maßnahmen können genau bewirken, dass industriell produzierte Zellen schließlich auch bei längerem Betrieb über der für Polymer-Solarzellen wirtschaftlich entscheidenden Effizienzschwelle liegen", betont Roth. (red, derStandard.at, 6.1.2014)