Gebleichte Steinkorallen im geschützten Abschnitt der untersuchten Bucht im kolumbianischen Tayrona National Park.

Foto: Valeria Pizarro, CEMarin

Bremen - Das Phänomen der Korallenbleiche ist seit den 1970ern bekannt: Vor allem bei zu hoher Wassertemperatur stoßen Korallen die Zooxanthellen - mikroskopische Lebewesen, mit denen sie in Symbiose leben - ab. Dadurch verliert der Korallenstock nicht nur seine Farbpracht, sondern stirbt unter Umständen sogar ab. Riffökologen des Leibnniz-Zentrums für Marine Tropenökologie (ZMT) in Bremen gingen der Frage nach, unter welchen Bedingungen Korallen diesem Vorgang trotzen können. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie im Fachmagazin "PLOS ONE".

In einer Bucht des Tayrona National Parks, einem Meeresschutzgebiet im Norden Kolumbiens, untersuchten die Ökologin Elisa Bayraktarov und ihre Kollegen über zweieinhalb Jahre Umweltbedingungen, Bleichereignisse und Erholungsprozesse der Riffkorallen. In diesem Zeitraum führte das Klimaphänomen "El Niño", bei dem sich das Meerwasser stark erwärmt, vor der Küste Kolumbiens zweimal zu Korallenbleichen.

Kalter Auftrieb in der heißen Jahreszeit

Die Ökologen stellten in der Bucht ganz besondere Umweltbedingungen fest: Von Dezember bis April treiben ablandige Passatwinde das Oberflächenwasser von der Küste weg, kaltes, nährstoffreiches Wasser aus den Tiefen des Meeres dringt nach oben. Dadurch ist die Wassertemperatur dort um bis zu 10 Grad tiefer als an anderen Küstenabschnitten der Region. Der Auftrieb setzt in der trockenen, heißen Jahreszeit ein, also genau dann, wenn die Wassertemperatur am höchsten ist.

"Die kühlen Wassermassen wirken wie eine natürliche Klimaanlage für die Korallen" beschreibt Bayraktarov das Phänomen. "Sie konnten während der 'El Niño'-Ereignisse den Temperaturanstieg teilweise ausgleichen". Dementsprechend fanden die Forscher in der Bucht bis zu neunmal weniger ausgebleichte Korallen als in benachbarten Küstenabschnitten ohne Auftrieb, wo an die 70% der Korallen von der Bleiche betroffen waren.

Schlechtere Regeneration im windgeschützten Abschnitt

Die Riffökologen machten noch eine weitere bemerkenswerte Entdeckung: Sie untersuchten zwei einander gegenüberliegende Abschnitte der Bucht. Der windzugewandte war starken Wasserströmungen ausgesetzt, der andere davor geschützt. Beide wiesen die gleiche Temperatur auf. Die Forscher stellten jedoch fest, dass die Korallen an der geschützten Seite viel stärker von der Bleiche betroffen waren und sich auch deutlich schlechter regenerieren konnten.

"Wir vermuten, dass die Korallen durch die Wasserbewegung besser mit Nährstoffen versorgt werden. Schädliche Sauerstoffradikale, die durch die Meereserwärmung entstehen, könnten effektiver abtransportiert werden", sagt Bayraktarov. Sie betont den Wert derartiger Auftriebsgebiete für die empfindlichen Korallen: "Diese Rückzugsorte werden immer wichtiger, je mehr die globale Erderwärmung fortschreitet. Vielleicht wird es in 50 Jahren nur noch Korallen in solchen natürlichen Refugien geben. Deswegen sollten diese Gebiete eine Umweltschutzpriorität haben." Vor allem lokale Verschmutzungen durch nährstoffbelastetes Wasser gelte es im Tayrona National Park zu vermeiden.

Bereits jetzt werden die besonderen Bedingungen der Bucht nachhaltig genutzt: Kolumbianische Projektpartner des ZMT haben hier eine Korallenaufzuchtfarm errichtet, um Arten anzusiedeln, die in der Karibik nahezu ausgestorben sind. (red, derStandard.at, 13.12.2013)