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Wolfgang Pampel, Schauspieler und Synchronsprecher.

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Pampel ist in erster Linie Schauspieler. Hier ist er (links) mit Miguel Herz-Kestranek in Henrik Ibsens "Ein Volksfeind" zu sehen, aufgeführt im Jahr 2010 im Theater Reichenau.

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Pampel in Anton Tschechows Stück "Die Möwe".

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Wien - Früher hat er auch für Pornos gestöhnt, jetzt spricht er fast nur noch Harrison Ford. Fad wird Wolfgang Pampel dennoch nicht; auch mit 71 Jahren ist Harrison Ford noch hochaktiv. Allein heuer musste Pampel für drei Filme ausrücken, um Ford seine markante Stimme einzuhauchen. Das erste Mal tat er es im Jahr 1977, als Han Solo in "Star Wars". Der bislang letzte Film war "Ender's Game", er kam im Oktober ins Kino. Dazwischen liegen Dutzende Streifen, darunter Klassiker wie die vier "Indiana Jones"-Teile, "Blade Runner" oder "Das Kartell".

Video: Wolfgang Pampel als Harrison Ford

Larry Hagman kam abhanden

Ein jahrelanges Alter Ego hat Pampel erst vor gut einem Jahr verloren, nämlich Larry Hagman, den J.R. Ewing aus "Dallas" und Beziehungspascha der "Bezaubernden Jeannie". "Es ist, als ob ein paar Zellen in einem absterben", so beschreibt er das Gefühl nach der Nachricht vom Tod Hagmans. Und es schwingt jede Menge Respekt mit: "Ich habe mich nicht eingeschlossen und geweint, sondern mir gesagt: 'Der hat es jetzt geschafft'." Hagman habe bis zum Schluss gearbeitet, "dann hat es Bäng gemacht. Man kann nur sagen bravo". Was für ein Leben. Pampel war - als seine deutsche Synchronstimme - ein kleiner Teil davon. Hagman hatte er persönlich kennengelernt.

 

"Dallas" mit Larry Hagman als J.R. Ewing

Actionheld Ford auf der einen Seite der Sympathieskala, Serien-Fiesling Hagman auf der anderen. Beim Synchronsprechen ist der Unterschied nicht so groß, sagt Pampel im Gespräch mit derStandard.at. "Man wird mit einem fertigen Produkt konfrontiert und muss das so gut wie möglich machen." Vorbereitet wird das "Produkt" vom Synchronregisseur. Auch wenn sich beim Einsprechen ein Teil der Persönlichkeit widerspiegelt, letztendlich sei es eine Rolle. Eine Rolle, für die Schauspieler wie gemacht sind, davon ist er überzeugt. Sehr viele Synchronsprecher sind Schauspieler, ein Nebenjob für die meisten.

Identifikation über die Stimme

Obwohl es nie eine persönliche Begegnung gab, fühlt sich Pampel mit Harrison Ford verbunden. Der 68-Jährige will ihn noch lange synchronisieren. Bis dass der Tod sie scheidet oder die Stimme versagt. Resultierend aus einem Verantwortungsbewusstsein: "Ich mag es selbst nicht, wenn ein Schauspieler plötzlich eine andere Stimme bekommt", sagt Pampel, "das ist ein unglaublicher Bruch". Identifikation werde auch über die Stimme geschaffen.

 

"Indiana Jones 4" mit Wolfgang Pampel und Harrison Ford

Ford oder andere alte Hasen im Geschäft wie Richard Gere, Bruce Willis, Gérard Depardieu oder Michael Caine sind schwer mit neuen Synchronstimmen vorstellbar. Obwohl: Depardieu und Caine hat Pampel vor vielen Jahren selbst synchronisiert. Übernommen haben den Part mittlerweile andere, in diesem Geschäft sind Rochaden nichts Ungewöhnliches. Eine Verpflichtung auf Lebenszeit? Nein, die gibt es nicht. Die Entscheidung, wer engagiert wird, trifft der jeweilige Produzent - und der Synchronsprecher; auch er kann ein freundliches Nein ins Telefon brüllen: "Wenn ich sage, ich will es nicht mehr, müssen sie einen anderen nehmen."

Von Leipzig nach Berlin

Zum Synchronsprechen ist Pampel über seinen Hauptberuf als Schauspieler gekommen, den er in der DDR erlernt hatte. Nach einem Gastspiel in Wiesbaden im Jahr 1974 kehrte er nicht mehr in seine Heimat Leipzig zurück, er blieb in der Bundesrepublik. Später, in den 70er-Jahren, war er in Berlin am Schillertheater engagiert. Als Ergänzung machte er Probeaufnahmen bei Synchronstudios. Eines ergab das andere, wenig später war er schon Harrison Ford, dazwischen schenkte er seine Stimme einigen Pornodarstellern. Wie viele es waren, weiß er nicht mehr, eingeprägt hat sich jedenfalls das Stöhnen: "Das waren zwei Drittel der Arbeit." Die Dunkelheit diente als Schutz: "Man konnte nicht sehen, wer bei den schrecklichen Ausdrücken rot wurde", sagt Pampel und lacht: "Ich fand es ja eher lustig und war froh, ein bisschen Geld dazuverdienen zu können."

Synchronsprechen als Knochenarbeit

Neben den Pornos hat er noch "viel anderen Scheiß" synchronisiert, wie es Pampel nobel formuliert. Filme für die Masse, Opium für die Filmindustrie, die sich an den Dollarscheinen berauscht. Früher, erzählt Pampel, war nicht nur die Technik anders, es war auch persönlicher. "In der Dinosaurierzeit bin ich zum Einsprechen noch mit Partnern oder Partnerinnen vor dem Mikrofon gestanden." Von Angesicht zu Angesicht. "Jetzt musst du alleine 'Ich liebe dich' sagen, das erfordert viel Fantasie." Knochenarbeit sei es mittlerweile geworden. Ein Synchronsprecher gibt dem anderen die Klinke in die Hand, denn Zeit ist Geld. Auch im Studio.

Reich werde man in dem Metier nicht. Ein Harrison Ford in der Hauptrolle bringt vielleicht 2000 Euro, die Aufnahmen dauern ein bis zwei Tage. "Jene, die wirklich davon leben, müssen einen Film nach dem anderen machen, sonst geht es nicht."

Erfolgreich als Schauspieler

Vom Synchronsprechen leben musste Pampel nie, dafür war er als Schauspieler zu erfolgreich. Neben einigen Filmrollen war er fast immer in "festen Händen", wie er sagt, also ausgestattet mit fixen Engagements. Stationen waren neben Bühnen in Deutschland das Wiener Burgtheater, das Theater an der Wien und das Raimundtheater. Im Repertoire hatte er jahrelang auch Musical und Operette: "Da musste ich noch einmal singen lernen." Früher musste er seine Stimme jeden Tag trainieren, heute ist er nicht mehr so konsequent. Muss er auch nicht sein, denn Pampel ist schon in Pension. Wirklich zur Ruhe gesetzt hat er sich dennoch nicht. Jüngst spielte er im Kinofilm "Blutgletscher" mit, für Dokumentationen ist er nach wie vor tätig. Etwa für den ORF, für den er jahrelang Beiträge für "Treffpunkt Kultur" sprach. Und solange Harrison Ford aktiv bleibt, wird es Pampel auch sein.

Identifikation als Berufsthema

Ein Thema, das ihn wie viele Schauspielkollegen nicht loslässt, ist das Ausmaß an Identifikation. Bei seiner Diplomarbeit ist er daran gescheitert, gesteht er, er hat sie nicht abgeschlossen. Auf der Bühne war er erfolgreicher: "Man muss es schaffen, während der Proben eine Identifikation mit der Figur zu finden, die fast schon ins Pathologische geht, dann muss man sich wieder entfernen." Schauspieler müssten die Führung der Figur übernehmen, dürften aber nicht in ihr versinken. "Das hat mich mein ganzes Leben beschäftigt." Manche kommen schon zur ersten Probe im Kostüm und mit Maske, sagt Pampel. Er habe sich einer Figur immer erst genähert, Schritt für Schritt - bis zum Höhepunkt, der Aufführung. Und danach wieder losgelassen.

Dreh mit Klaus Kinski

Von anderen hingegen hat die Figur Besitz ergriffen. Klaus Kinski war so einer. Pampel: "Er war der Spektakulärste." Für den Film "Geheimcode Wildgänse" standen sie gemeinsam vor der Kamera. Kinski habe immer ganz leise geredet, geradezu gesäuselt, beschreibt Pampel eine Szene: "Ich habe nie ein Stichwort gehört, dann habe ich auch gesäuselt." Das habe zu nichts geführt, bis beide lauter sprachen. "Alle haben Schiss gehabt vor ihm." Als Werner Herzog Regie führte, lieferte er sich mit Kinski Schreiduelle, "bis Kinski Schaum vor dem Mund hatte, dann hat er gesagt: 'So, jetzt drehen wir.'" Seinen Status als Enfant terrible hat sich Kinski hart erarbeitet.

"Blade Runner" als Lieblingsfilm mit Ford

Pampels Lieblingsfilm mit Harrison Ford ist "Blade Runner", dem er viel Tiefgang attestiert und der Vorbild für andere Science-Fiction-Filme wurde. Als Schauspieler habe sich Ford sehr gut entwickelt, er sei immer facettenreicher geworden. Ob er schon am Anfang gut gewesen sei, könne er nicht beurteilen. Beim Film sei schließlich sehr viel von Kamera und Regie abhängig: "Du kannst dir einen Wolf spielen, wenn es rausgeschnitten wird, war es umsonst." (Text: Oliver Mark, Video: Maria von Usslar, derStandard.at, 16.12.2013)