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Feuerwehrleute verstärken nahe Cuxhaven einen Damm mit Sandsäcken.

Foto: REUTERS/Fabrizio Bensch

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Zwei Männer halten sich auf dem überfluteten Fähranleger in Dagebüll (Schleswig-Holstein) an einem Geländer fest.

Foto: Carsten Rehder/dpa

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An einem Fährenpier an der deutschen Nordseeküste lässt Xaver das Meer schäumen.

Foto: EPA/CARSTEN REHDER

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Dieser Fischmarkt in Hamburg wurde von den Wassermassen überflutet.

Foto: epa/marks

Hamburg/Wien - Das Orkantief "Xaver" hat mit Geschwindigkeiten von über 100 Stundenkilometern die deutsche Küste erreicht und vielerorts den Verkehr auf Schiene und Flughäfen gestoppt. In Schleswig-Holstein hielt die Bahn ab Donnerstagnachmittag die Fernzüge im Bahnhof, am Hamburger Flughafen wurden nahezu alle Flüge abgesagt. Zum Abend wurde eine deutliche Verschärfung des Orkans erwartet. Bis Freitag werde "Xaver" auch große Mengen Schnee, Starkregen und Hagel in weite Teile Deutschlands bringen, wie der Deutsche Wetterdienst warnte. Die Bundesregierung aktivierte ihr Lagezentrum für den Katastrophenfall.

Das Orkantief wütete zunächst mit Böen von um die 120 Stundenkilometern in Deutschland - am frühen Abend waren es in List auf Sylt 133 Stundenkilometer. Der Westen Schleswig-Holsteins überstand die erste Phase des Unwetters nach frühen Behördeneinschätzungen glimpflich. In der Nacht zum Freitag wurde dort noch eine sehr schwere Sturmflut erwartet. Für Hamburg hob der Deutsche Wetterdienst (DWD) seine Unwetterwarnung am Abend auf.

Serie von Sturmfluten in Hamburg

Nördlich der Linie Hannover, Münster und Berlin mussten sich die Menschen gegen tückische Böen wappnen. Richtung Süden sollte der orkanartige Wintereinbruch ab 1.000 Metern Höhe kommen. In Hamburg rechnete das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) mit einer Serie von Sturmfluten.

Die nordfriesischen Halligen meldeten schon am frühen Donnerstagnachmittag "Land unter". Inseln waren vom Festland abgeschnitten, die Fähren stellten den Betrieb ein. Auch in Richtung Helgoland ging nichts mehr. Im Westen Mecklenburg-Vorpommerns wurden Bäume umgerissen. Die Polizei warnte angesichts vorhergesagter Orkanspitzen bis 140 Kilometer pro Stunde vor Fahrten mit dem Auto.

Belgier in Sicherheit gebracht

Die belgische Küstengemeinde Bredene hat wegen der Warnung vor dem schweren Sturm knapp 2.100 Einwohner vorsorglich in Sicherheit gebracht. Sie leben in der Nähe des Kanals zwischen Oostende und Brügge und seien deshalb besonders von den Fluten gefährdet, berichtete die Nachrichtenagentur Belga am Donnerstag.

Die Region Flandern verstärkte angesichts des erwarteten heftigen Windes an der Küste die Sicherheitsmaßnahmen.

Zwei Tote in Großbritannien

Xaver gilt als einer der schwersten Stürme seit Jahrzehnten. Bis zu einer ungefähren Linie Münster-Hannover-Berlin musste mit orkanartigem Sturm gerechnet werden. Eineinhalb Tage soll Xaver toben - und damit länger als Christian, der erst vor etwa sechs Wochen Chaos verursacht hatte.

Zunächst brachte Xaver Großbritannien katastrophale Zustände. Etwa 100.000 Haushalte in Schottland waren nach heftigem Wind ohne Strom. Straßen und Brücken waren gesperrt, der komplette Zugverkehr in Schottland war eingestellt. Ein Lastwagenfahrer starb, nachdem ein Windstoß sein Fahrzeug erfasst hatte und umkippte. In Großbritannien starb ein Mann in einem Park in der Grafschaft Nottinghamshire in der Mitte Englands, nachdem ein Baum auf ihn gefallen war. Die Küstenwachen in Schottland, England und Wales warnten vor Überflutungen.

 


Foto: uwr.de

Skandinavien betroffen

Der Verkehr im Süden Skandinaviens war über weite Strecken lahmgelegt. In Dänemark fuhren keine Züge mehr, alle größeren Brücken waren gesperrt, Fähren blieben in den Häfen. Von den Flughäfen in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen und im norwegischen Oslo starteten Maschinen nicht oder verspätet. Am Flughafen Stavanger ging kaum noch etwas. Eine 72 Jahre alte Frau kam durch den Sturm ums Leben. Sie sei Beifahrerin in einem Van gewesen, den der heftige Wind am Donnerstag von einer Straße bei Holstebro in Jütland geblasen habe, berichtete die Nachrichtenagentur Ritzau. Darauf sei der Wagen mit der Seniorin und ihrem Sohn umgestürzt. Noch im Rettungswagen auf dem Weg ins Krankenhaus sei sie gestorben.

Am Mittag hatte der Sturm, den die Dänen "Bodil" getauft haben, die Westküste getroffen und war dann Richtung Osten gezogen. An vielen Schulen fiel der Unterricht aus, Unternehmen gaben Mitarbeitern frei.

Verkehrsbehinderungen

Auch an Flughäfen wie München, Düsseldorf oder Köln/Bonn wirkte sich der Sturm aus. In Hamburg wurden bis zum Abend fast alle Starts und Landungen gestrichen. Auch für Freitag gab es weitere Absagen. Betroffen war auch die Verbindung nach Wien, Ausfälle waren auf der Homepage des Flughafens Wien-Schwechat verzeichnet. Passagieren wurde geraten, sich über den Flugstatus zu informieren.

Den Bahnverkehr bremste der Sturm ebenfalls aus: Auf mehreren Strecken etwa in Schleswig-Holstein wurde die Geschwindigkeit von Dieseltriebwagen gedrosselt. Der "Sylt Shuttle" fuhr nicht mehr. Züge zwischen Kiel und Eckernförde sowie Kiel und Lübeck fielen aus. In Schleswig-Holstein und Hamburg ist auch am Freitag schulfrei, ebenso an den staatlichen Schulen in Mecklenburg-Vorpommern.

Weihnachtsmärkte waren vielerorts geschlossen oder machten vorzeitig dicht - etwa in Hamburg, Kiel, Lübeck, Schwerin und Rostock, aber auch im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen. Zahlreiche Veranstaltungen wurden abgesagt.

Kein Unterricht in manchen deutschen Bundesländern

An der Westküste Schleswig-Holsteins fiel am Donnerstag an etlichen Schulen der Unterricht aus. Am Freitag soll es im gesamten Bundesland keinen Unterricht geben, ebenso an den staatlichen Schulen von Mecklenburg-Vorpommern. Auch in Hamburg durften Schüler bis zur Jahrgangsstufe 10 wegen des Sturms nach Hause gehen, Grundschüler konnten jederzeit abgeholt werden.

Die Hamburger Behörden haben eine amtliche Gefahrenmeldung vor einer "sehr schweren Sturmflut" erlassen. Das Hochwasser solle Freitagfrüh gegen 06.30 Uhr mit etwa 5,60 Metern über Normalnull am Pegel im Stadtteil St. Pauli eintreten, wie die Hamburger Innenbehörde am Donnerstagabend unter Berufung auf das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie mitteilte.

"Tief liegende Gebiete im Hafen und an der Elbe" sollen "rechtzeitig" verlassen werden. "Schützen Sie Ihren Besitz, hören Sie Radio und informieren Sie Ihre Nachbarn", hieß es in der Gefahrenmeldung weiter. Bei der verheerenden Hamburger Sturmflut im Jahr 1962 stieg das Wasser auf 5,70 Meter über Normalnull. Anders als damals sind die Deiche und Hochwasserschutzanlagen in der Stadt inzwischen aber alle auf Wasserstände von mindestens 7,50 Meter über Normalnull ausgelegt, teils sogar für mehr als neun Meter. Sie sind zudem auch wesentlich stabiler gebaut.

In Niedersachsen stellten die Reedereien ihre Verbindungen vom Festland zu den ostfriesischen Inseln weitgehend ein. Die Meyer Werft in Papenburg, auf der riesige Kreuzfahrtschiffe gebaut werden, unterbrach den Betrieb vorsichtshalber bis zum Beginn der Nachtschicht.


Foto: EPA/Deutscher Wetterdienst

Entwarnung für Österreich

Während in Europas Norden mit Sperren von Flughäfen, Fährverbindungen und Straßen zu rechnen ist, muss man sich hierzulande am Wochenende lediglich auf Schneefall vorbereiten. In den Freitagmorgenstunden erreicht die markante Kaltfront eines Orkantiefs über der Ostsee Österreich. Sie bringt mit stürmischem Wind feucht-kalte Polarluft mit sich und sorgt damit vor allem in den Bergen für einen markanten Temperatursturz. "Vom Bregenzerwald bis ins Mariazellerland muss besonders am Freitag zeitweise mit kräftigem Schneefall gerechnet werden. Auch am Samstag schneit es vom Loferer Land ostwärts noch zeitweise", sagt Meteorologe Thomas Rinderer vom Wetterdienst UBIMET.

"In Summe kommen in diesen Gebieten bis Samstagabend verbreitet zehn bis 35 Zentimeter Neuschnee zusammen, zwischen Salzkammergut und Mariazellerland sind sogar bis zu einem halben Meter Neuschnee möglich", informiert der Meteorologe weiter. Abseits der Alpen ziehen nur einige Schauer durch, doch selbst im östlichen Flachland könnte es gebietsweise vorübergehend weiß werden.

Salzburg: Sturmböen bis 150 km/h

Die Ausläufer des Orkans Xaver werden am Freitag und Samstag allerdings in Salzburg stark zu spüren sein. Erwartet werden Orkanböen mit Spitzenwerten bis zu 150 km/h in besonders exponierten Hochlagen des Gebirges, wie das Katastrophenschutz-Referat des Landes am Donnerstag mitteilte.

"Touren in das Hochgebirge sollten am Samstag aufgrund des starken Windes gemieden werden", sprach Referatsleiter Norbert Altenhofer eine Warnung an Alpinisten aus, die eine Skitour geplant hatten. Die Autofahrer wiederum sollten die Fahrgeschwindigkeit unbedingt den Wetterverhältnissen anpassen.

Stürmisch soll es vor allem im Flachgau werden. Dort kann der heftige West- und Nordwestwind Sturmspitzen bis zu 80 km/h verursachen, verbunden mit Schneegestöber und Schneeverwehungen. (APA/Reuters/red, derStandard.at, 5.12.2013)