"Wahlfahrt" bietet der ORF am internationalen Programmmarkt unter "Where to, Mr. President?" an.

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Wien – Spatz und Hummel stehen hoch im Kurs bei den German Screenings. Olivella Foresta, Einkäuferin von Naturprogrammen bei der italienischen Rai, gefällt an den Universum-Dokus der "mikroskopische Blick auf die Tierwelt nebenan". Das Publikum habe "genug von den immer gleichen Bildern über die 'Big Five'", sagt Foresta: Die Spatzen sind gekauft.

Es geht um Abschlüsse bei den German Screenings, der größten Programmmesse im deutschsprachigen Raum, die seit 38 Jahren stattfindet und heuer zum zweiten Mal in Wien abgehalten wird: "Wer hierherkommt, will kaufen", sagt ORF-Enterprise-Chefin Beatrice Cox-Riesenfelder. Der ORF bietet über seine Verkaufstochter Ware feil. Bis Mittwoch bevölkern Händler das Ringstraßenhotel Le Meridien, um das Neueste von deutschsprachigen Sendern zu sichten. Im Vergleich zu den großen Händlermessen in Cannes Mip-TV und Mipcom wirkt alles beschaulicher: Manager sitzen in Hotelzimmern und zappen sich durch das Angebot. Acht Zimmer hat die Enterprise reserviert, weitere 37 belegen die deutschen Veranstalter Studio Hamburg, Global Screen und Deutsche Welle.

"Braunschlag"? Nein, danke

Brigitte Margesin und Markus Perwanger schauen für Rai Bozen. Die Doku über Advent in Innsbruck überzeugt auf Anhieb: "Die nehmen wir auf jeden Fall." Der Markt sei speziell, denn der ORF ist überall in Südtirol zu empfangen, das Publikum an allem interessiert, was sich in Tirol abspiele - aber keinen Kilometer weiter: "Graz ist schon schwierig", sagt Perwanger. Fiction geht kaum. "Braunschlag", "Janus", "Paul Kemp"? Keine Chance, sagt Perwanger: "Was zählt, ist die geografische Nähe." Die beiden sitzen auf bequemen Fauteuils. Nicht alle sind dermaßen diszipliniert: Wer will, schaut auch vom Bett aus. Aber dann bleibt die Tür verschlossen.

Der" Kiddy Contest" gefällt Krešimir Zubčić vom öffentlich-rechtlichen kroatischen HRT. Seinen persönlichen ORF-Favoriten hievte er zuletzt ins kroatische Fernsehen: Samstagmittag sah das Publikum "Tschuschenpower".

Michael Österby von Schwedens öffentlich-rechtlichem Rundfunk SVT sitzt nebenan und kauft Dokus über den Ersten Weltkrieg. Das Angebot vom ORF dazu begeistert ihn bis jetzt noch nicht. Was er bis jetzt gesehen habe, sei "altes Material", noch dazu im falschen Format gedreht, da es sich dabei um historisches Archiv-Material handelt. Das Dilemma des Verkäufers: Zum Jahrestag sind im ORF gleich zwei Dokus über das Thronfolgerattentat im Werden: Die staatstragende von Andreas Novak wird aber erst im Juli fertig - zu spät für Käufer. Eine Spieldoku von Kurt Mündl wird als Topprodukt gehandelt. Kurios: Das österreichische Publikum könnte den Film wegen mangelnder Sendeplätze nie sehen.

Der Markt für Dokus und Dokusoaps sei in einer schwierigen Phase, erläutert Clive Whittingham vom Webportal C21: "Große Player wie Discovery setzen nur mehr auf Filme über Superflugzeuge und Monstertrucks."  Eine Folge der Medienkonzentration der großen US-Sender, sagt Henrik Ekman vom schwedischen SVT: "Umso wichtiger, dass sich die Europäer dem entgegensetzen."  Opfer dieses Trends ist etwa "Wahlfahrt" mit Hanno Settele. Die BBC winkte bei "Where to, Mr. President?" ab: zu politisch. (Doris Priesching, DER STANDARD, 3.12.2013)