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Schröcksnadel: "Sage ich, ich hör auf, sind alle in den Startlöchern. Sage ich, ich hör nicht auf, heißt es, der ist ein Sesselkleber.

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Standard: Rechnet sich der Skirennsport?

Schröcksnadel: Kommt drauf an, wen Sie fragen.

Standard: Ich frage den ÖSV-Präsidenten.

Schröcksnadel: Bei uns braucht er sich nicht rechnen, wir sind eine Non-Profit-Organisation. Unser Ziel ist der sportliche Erfolg. Das Geld, das wir einnehmen, investieren wir in den Sport. Die Mitgliedsbeiträge bleiben nicht, wie irrtümlich angenommen, beim ÖSV, sondern werden komplett an die Landesverbände zurücküberwiesen. Wir haben Einnahmen über Veranstaltungen, Fernsehrechte oder Sponsoren. Vor drei Jahren mussten wir auf die Reserven zurückgreifen, um den Level zu halten. Seit zwei Jahren sind wir wieder im Plus.

Standard: Der professionelle Sport als Geschäftsmodell?

Schröcksnadel: Das ist kein Geschäftsmodell. Wollten wir Profit machen, würden wir Trainer, Trainings und Beschickungen reduzieren, weniger im Nachwuchs machen.

Standard: Wer ist die Cashcow?

Schröcksnadel: Der alpine Rennsport und Skispringen finanzieren sich selbst, Biathlon funktioniert einigermaßen. Andere Sparten wie nordische Kombination, Langlaufen, Freestyle oder Snowboard müssen wir querfinanzieren. Wären das einzelne Sportarten, würden sie voll am Fördertropf der öffentlichen Hand hängen.

Standard: Und der Skiverband hängt nicht am Fördertropf?

Schröcksnadel: Nein, daraus bekommen wir vier Prozent unseres Budgets.

Standard: Wie hoch ist das Budget des Verbands?

Schröcksnadel: Es steigt ganz leicht, heuer sind es ein bisserl mehr als 40 Millionen Euro.

Standard: Was ist aus der Sicht des Veranstalters, also des Skiverbands, finanziell von der WM in Schladming geblieben?

Schröcksnadel: Wir haben einen Gewinn gemacht. Ich will nicht sagen, wie hoch er ist. Anders schaut's aus in Murau mit den Freestylern und Snowboardern, da muss man wieder investieren.

Standard: Nach Olympia in Sotschi laufen einige Verträge mit dem Ski-Pool aus. Man hört, dass die Skiindustrie weniger in den Rennsport investieren will?

Schröcksnadel: Da muss man schauen, in welchen Teil des Rennsports. Der geringste Aufwand ist der, den man in den Pool zahlt. Damit erhält man ja nur die Berechtigung, Athleten ausrüsten zu dürfen. Dass die Fabrikanten mehr haben wollen für das, was sie investieren, verstehe ich. Aber sie investieren primär in den Rennläufer, nicht in den Verband.

Standard: Sie wurden mit dem Satz zitiert: "Dann produzieren wir unsere Ski halt selber."

Schröcksnadel: Das ist möglich, aber wir haben nicht den Wunsch und nicht die Absicht, das zu machen. Wir wollen mit der Skiindustrie zusammenarbeiten. Natürlich muss jeder drauf schauen, dass er kriegt, was er braucht.

Standard: Und wo liegt das Problem?

Schröcksnadel: Die großen Skifirmen haben einen Bekanntheitsgrad von 90 Prozent, auch in Deutschland. Dort gibt es aber nicht 90 Millionen Skifahrer, sondern vielleicht acht Millionen. Dadurch hast du für den Werbewert, den du kriegst, einen viel zu kleinen Markt. Deshalb gibt es beim Skispringen Firmen wie Fluege.de. Die haben sich eine Fabrik gekauft und erzeugen ihre eigenen Ski. Natürlich haben die einen viel größeren Abnehmerkreis.

Standard: Bedeutet das, dass auf den Alpinskiern auch bald was anderes draufsteht?

Schröcksnadel: Das ist schon vor 20 Jahren diskutiert worden. Die Industrie wollte das damals letztlich nicht. Ich glaube auch nicht, dass sie es jetzt will. Das Image vom Produkt hängt zu stark mit dem Rennsport zusammen.

Standard: In Österreich ist der Markt ja auch kleiner geworden.

Schröcksnadel: Weil sich kein Mensch um den Markt kümmert. Die Schulskikurse sind von 250.000 auf 130.000 zurückgegangen. Der Skiverband bringt zusammen mit den Landesregierungen mehr als 100.000 Kinder über andere Aktionen in den Schnee.

Standard: Da helfen wohl auch Vorbilder wie Lindsey Vonn oder Marcel Hirscher.

Schröcksnadel: Die sind sehr wichtig. Es wäre gut, wenn Vonn Tiger Woods zu einem Skirennen mitnimmt. Dann würde auch in Ländern berichtet, die mit Skifahren nichts am Hut haben.

Standard: Fahren Sie selbst auch noch Skirennen?

Schröcksnadel: Freilich. Im März mach ich bei der Senioren-WM auf dem Hochkar mit.

Standard: Was ist Ihr Ziel?

Schröcksnadel: Gewinnen will ich.

Standard: Was haben Sie schon gewonnen?

Schröcksnadel: Einmal war ich Weltmeister, Stockerlplätze hab' ich mehrere. Senioren-Weltcuprennen hab ich öfter gewonnen.

Standard: Wie lange wollen Sie ÖSV-Präsident bleiben?

Schröcksnadel: Wenn ich jetzt sage, ich hör auf, dann stehen alle in den Startlöchern, und du kannst nichts mehr bewegen. Sage ich, ich hör nicht auf, dann heißt es, der Hund ist ein Sesselkleber. Ich lass das offen bis nach den Olympischen Spielen. 2006 wollte ich definitiv aufhören. Das wäre perfekt gewesen mit 22 Medaillen. Das Problem war die leidige Dopinggeschichte. Ich konnte dann nicht aufhören, sondern musste den Verband verteidigen.

Standard: Wie wär's mit einer Liste Schröcksnadel?

Schröcksnadel: Sicher nicht, ich bin ja schon ein paar Mal gefragt worden. Ich bin nicht der Stronach. Und dann wäre ich wirklich zu alt. (Benno Zelsacher, DER STANDARD, 2.12.2013)