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Kritisiert härtedominierte Cop-Culture bei der Polizei: Heinz Patzelt.

Foto: REUTERS/HEINZ-PETER BADER

Wien - Amnesty-Generalsekretär Heinz Patzelt spricht von einer "erkennbaren Häufung von Zwischenfällen in gleicher Richtung". In Teilen der Wiener Polizei herrschten weiterhin härtedominierte Umgangsformen, die sogenannte Cop-Culture, vor. Etwa bei der Räumung des Flüchtlingsprotestcamps im Votivpark Ende 2012 und bei der Obdachlosenvertreibung aus dem Wiener Stadtpark im heurigen Oktober.

Detto bei zwei eskalierten Amtshandlungen in jüngster Zeit: gegen einen Radfahrer, der dabei vor wenigen Tagen einen Schlüsselbeinbruch davontrug, sowie gegen Feiernde auf einem Partyschiff auf dem Wiener Donaukanal am 19. Oktober.

Letzterer Einsatz, über den medial breit, aber widersprüchlich berichtet wurde, hatte laut einem Polizeisprecher mit einer Gewerberechtskontrolle begonnen. Die zwei beauftragten Polizisten hätten auf dem Schiff um neun Uhr vormittags eine Gruppe junger Leute nach einer durchgemachten Nacht vorgefunden.

Causa liegt Staatsanwaltschaft vor

Keine Antwort gibt der Sprecher auf die Frage, wie es in der Folge zur Anforderung von 30 Mann Verstärkung kam: Die Causa liege derzeit der Staatsanwaltschaft vor, deren Ergebnissen wolle er nicht vorgreifen. Fest steht, dass am Ende des Einsatzes zwei Personen in Polizeigewahrsam kamen - nach Ereignissen, die jene und mehrere Zeugen als von Beamtenseite übergriffig und brutal schildern.

So sollen Polizisten auf einen später festgenommenen 32-Jährigen eingeschlagen haben. Nachdem sie ihn überwältigt hätten, sei er mit am Rücken angelegten Handschellen bäuchlings minutenlang zu Boden gedrückt worden, wobei mehrere Polizisten auf ihm gekniet seien. "Wenn das stimmt, so war es ein schwerer polizeilicher Fehler", meint Amnesty-Mann Patzelt. Denn eine solche Fixierung sei für den Betroffenen gesundheitlich höchst riskant: "Es besteht akute Erstickungsgefahr."

Polizisten dürften Verdächtige daher nur in Fällen schwer gewalttätigen Widerstands auf diese Art zu Boden drücken, und das auch nur für wenige Sekunden: "Was passieren kann, wenn das länger geschieht, zeigt der Tod Seibani Wagues."

Fragen zu Schimpfvorwürfen

Ähnlichkeiten mit den Polizeimethoden, die zum Tod des Mauretaniers Wague im Stadtpark im Sommer 2003 führten, schließt auch Grünen-Menschenrechtssprecherin Alev Korun nicht aus. Sie hat eine parlamentarische Anfrage an Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) gestellt.

Darin will sie auch Näheres über die von der festgenommenen 24-Jährigen geschilderten Beschimpfungen auf dem Kommissariat wissen; sie sei dort als "dreckige Hure" bezeichnet worden.

Und auch die ursprünglich als Nasenbeinbruch bezeichnete Verletzung eines Polizisten interessiert die Grüne. "Es war nur Bruchverdacht", schränkt der Polizeisprecher im STANDARD-Gespräch ein. Kritik an der Polizei weist er zurück: "Bei 400.000 Einsätzen gibt es jährlich nur rund 250 Misshandlungsvorwürfe." (Irene Brickner, DER STANDARD, 30.11.(1.12.2013)