"Kinder sollen am besten das machen, wofür sie motiviert sind", sagt Kindergartenleiter Karl Berger.

Foto: Berger

 Laut eigenen Angaben der erste deutsch-chinesische Kindergarten: die "Meidlinger Sonnenblume".

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Wien - Er selbst hat als Kind keinen Kindergarten besucht. Er habe "das Glück gehabt", auf einem Bauernhof aufzuwachsen – bei Puchberg am Schneeberg in Niederösterreich. Auch seine Erstausbildung - HTL für Maschinenbau - lässt keine Rückschlüsse auf seinen Job zu: Karl Berger leitet einen Kindergarten – genauer: den zweisprachigen Kindergarten "Meidlinger Sonnenblume", auf der Breitenfurter Straße.

"Markanteste Merkmal"

Bergers Kindergarten ist laut eigenen Angaben der erste deutsch-chinesische Kindergarten des Landes, in dem jede Gruppe auch eine chinesische Betreuerin hat. 25 Kinder wuseln derzeit durch die Räume, viele davon natürlich mit chinesischer Muttersprache – aber eben nicht nur. "Anfangs war das sicher das markanteste Merkmal", sagt Berger. Seit etwas mehr als einem Jahr gibt es die Einrichtung, Platz ist derzeit für maximal 65 Kinder. "Viele chinesische Eltern müssen wir erst unser Konzept erklären", erzählt er, denn: "Für sie bedeutet Lernen oft lediglich das Ausfüllen von Arbeitsblättern". Für Berger nicht. Sein Credo: "Kinder sollen am besten das machen, wofür sie motiviert sind." Neben der Zweisprachigkeit ist die Musikpädagogik zentral, so gibt es auch einen spielerischen Geigenunterricht. "Irgendwann wollen sie dann vielleicht ein Instrument richtig lernen", sagt Berger, der selbst ein Musikstudium abgeschlossen hat. Im kleinen Garten stehen auch drei Ateliers, in die sich Künstler einmieten können. Derzeit ist es ein Musiker und ein Maler. Eine Töpferei soll auch noch dazu kommen. Einzige Bedingung für die Künstler: Die Kindergartenkinder dürfen immer zuschauen, im besten Fall mitmachen.

"Unzählige Talente"

Serviceangebot gibt es auch für die Eltern. Mehrmals pro Monat könnte eine Friseurin vorbei kommen, um die Haare der Kinder zu schneiden und zu pflegen. Wer seine schmutzige Wäsche morgens mitbringt, dem würde  sie abends wieder sauber übergeben. Könnte und Würde – das Angebot wird derzeit nicht genützt, sagt Berger. Warum, weiß er selbst nicht. Vielleicht sind es die dafür notwendigen Extrakosten.  Ihm ist sowieso etwas anderes viel wichtiger. In einem kleinen Text hielt Kindergartenleiter Berger einmal fest: Es gehe "um Bildung, die sich weniger an den Bedürfnissen unserer fragwürdigen Konsumgesellschaft und deren wenigen Nutznießer orientiert, sondern an den Bedürfnissen jedes einzelnen Menschen, der seine Existenz als kleines Kind in dieser Welt beginnt". Der Kindergarten müsse jener Ort sein, "der all den unzähligen Talenten Entfaltungsmöglichkeiten bietet". (Peter Mayr, derStandard.at, 28.11.2013)