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Asylwerber im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen - 88 Personen wurden positiv auf Tuberkulose getestet.

Foto: REUTERS/Leonhard Foeger

Wien - Das Unternehmen würde es bedauern, "dass es durch Mitarbeiter zu Falschmeldungen in den Medien gekommen ist", schreibt die ORS Service GmbH in einer offiziellen Stellungnahme. Man werde dies aber zum Anlass nehmen, die Information zur derzeitigen Situation zu verstärken.

Mit der "derzeitigen Situation" ist gemeint, dass vier Flüchtlinge im Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen positiv auf Enteroviren getestet wurden, was eine Polioerkrankung bedeuten kann. Mehrere ORS-Mitarbeiter hatten anonym im STANDARD den Vorwurf erhoben, viel zu spät über die Infektionskrankheiten von betreuten Personen informiert worden zu sein. Eine Impfaktion für Mitarbeiter fand erst sechs Tage nach Bekanntwerden des ersten Verdachtsfalls statt.

Am Mittwoch bestätigte das Innenministerium, dass 88 Asylwerber in Traiskirchen positiv auf Tuberkulose getestet wurden. 32 davon mit offener Tuberkulose, sechs mit sogenannter multiresistenter Form.

Warnung im Oktober

Wilhelm Brunner, Sprecher von ORS, erklärte im Gespräch mit dem STANDARD, alle ORS-Mitarbeiter seien Ende Oktober gebeten worden, ihren Impfstatus zu klären und sich bei Bedarf für eine Polio-Impfung zu melden. Zu dem Zeitpunkt warnte die Weltgesundheitsorganisation, dass Poliofälle in Syrien nachgewiesen wurden.

Einige Mitarbeiter seien der Bitte jedoch nicht nachgekommen, deswegen habe es einige Zeit in Anspruch genommen, die richtige Menge Impfstoff zu bestellen, sagt Brunner. Seit vergangenem Donnerstag werde von der Betriebsärztin in Traiskirchen die Immunisierung durchgeführt - allerdings nur für Mitarbeiter, die sich freiwillig melden.

"Das ist die andere Seite: Nicht alle wollen sich impfen lassen, es ist nicht verpflichtend", fügt Brunner hinzu. ORS habe die notwendigen Schutzmaßnahmen ergriffen. Dazu gehören die Isolierung der betroffenen Personen, die medizinische Beobachtung und regelmäßige Desinfektionen.

20 Betreuer haben Kontakt

Das Schweizer Unternehmen ist seit Jänner 2012 mit der Flüchtlingsbetreuung vom Innenministerium (BMI) beauftragt. In Traiskirchen sind insgesamt 98 ORS-Mitarbeiter beschäftigt. Direkten Kontakt mit Flüchtlingen in der Erstaufnahme hatten 20 Personen.

Das Innenministerium beschäftigt rund 100 weitere Personen in Traiskirchen. Sie alle seien am 15. November per Mail darüber informiert worden, dass in vier Fällen Enteroviren nachgewiesen wurden, sagt Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des BMI. Eine Immunisierung sei den Mitarbeitern des BMI schon vorher angeboten worden, "sowie allen Flüchtlingen im Rahmen der Erstuntersuchung".

In wenigen Tagen sollte klar sein, ob die vier Personen tatsächlich an Polio erkrankt sind. Jene Flüchtlinge, die nachweislich eine Tuberkuloseinfektion haben, würden entsprechend medizinisch versorgt, zum Teil in Heilanstalten. Grundböck betont, dass es bei durschnittlich 17.000 Antragsstellern pro Jahr noch nie zu einer Ansteckung gekommen sei.

Sowohl den Mitarbeitern von ORS als auch dem BMI stehen jährlich eine kostenlose Lungenuntersuchung und eine Hepatitisimpfung zu. (Julia Herrnböck, DER STANDARD, 28.11.2013)