Tod statt Sex: Das Männchen, das sich da an eine Invasorin heranmacht, wird von dieser alsbald gefressen werden.

Foto: Murray Fea

London/Wien - Gottesanbeterinnen zählen nicht nur aufgrund ihrer Größe und ihrer charakteristischen "Bethaltung" zu den faszinierenderen Insekten in unseren Breiten. Berühmt-berüchtigt ist die Fangschreckenart vor allem wegen ihres Paarungsrituals, das nicht selten tödlich endet:Immer wieder fressen die größeren weiblichen Insekten die kleineren männlichen nach dem Koitus einfach auf.

Nicht nur die Surrealisten widmeten sich aus diesen Gründen den Insekten. Auch Alma Mahler - ausgerechnet - forschte unmittelbar nach dem Tod ihres ersten Gatten Gustav einige Monate lang an Gottesanbeterinnen: Als Assistentin des Biologen Paul Kammerer sollte sie herausfinden, ob die Insekten ihr Gedächtnis verlieren, wenn sie sich häuten. Almas einschlägige Experimente - jedenfalls die an den Insekten - blieben ohne Ergebnis.

Neuseeländische Insektenkundler waren etwas mehr als hundert Jahre nach Mahler mit einer etwas anderen Problemstellung und anderen Fangschreckenarten erfolgreicher. Die Forscher um Murray Fea (Universität Auckland) wollten klären, warum die Fangschrecken der Art Orthodera novaezealandiae, die ganz ohne Kannibalismus auskommt, von der 1978 aus Südafrika eingeschleppten, männermordenden Art Miomantis caffra unaufhaltsam verdrängt werden.

Wie die Wissenschafter in den Biology Letters der Royal Society berichten (übrigens unter dem schönen Titel: "Fatal attraction: sexually cannibalistic invaders attract naive native mantids"), operieren die Invasorinnen mit gleich zwei fiesen und höchst erfolgreichen Tricks. Der erste beruht auf einem Duftstoff, der für die männlichen Vertreter von Orthodera novaezealandiae schlicht unwiderstehlich ist.

Im Normalfall wirken solche Pheromone nur auf Männchen derselben Art. Aber es gibt auch Ausnahmen, und dazu gehört eben der Duft von Miomantis Caffra, wie die Forscher durch Experimente herausfanden.

Wenden sich die solcherart angelockten heimischen Männchen nun aber in Paarungsabsicht den artfremden Weibchen zu, dann nimmt das meist ein böses Ende: Den Weibchen der eingeschleppten Art reicht es nicht, ihren heimischen Konkurrentinnen die Männchen abspenstig zu machen: Sie töten sie und fressen sie einfach auf. Diese doppelte List reduziert nicht nur die Populationsgröße der einheimischen Art und sorgt für Männermangel.

Zu allem Überfluss verleiht dieses Zusatzfutter den Invasorinnen noch mehr Energie für Ausbreitung und Vermehrung. (tasch, DER STANDARD, 28.11.2013)